Archiv der Kategorie: Vom Essay zur Internetkolumne SoSe 2013

Im Rahmen des Kurses “Vom Essay zur Internetkolumne” im Sommersemester 2013 verfassen Studierende Essays, die in diesem Blog diskutiert werden.

Wenn es nicht mehr aufhört zu tropfen…

Unzählige kleine Seen in den Wiesen, der noch sehr hohe Wasserpegel der Alz in Neuötting, doch sonst nichts zu sehen. Nicht einmal in Freilassing, welches vom Hochwasser eingeschlossen wurde. Als ich nach ein paar Tagen wieder mit dem Auto nach Salzburg fuhr, war die Katastrophe schon vorüber und nur kleine Hinweise ließen es erahnen.

Am Donnerstag um die Mittagszeit, als es schon zu beginnen drohte, war ich mit dem Auto auf dem Weg von Salzburg nach Hause in Bayern gewesen. Dabei begriff ich erst, dass das kommende Wochenende möglicherweise einige Unannehmlichkeiten mit sich bringen könnte, als ich die Salzach bei der Karolinenbrücke nicht überqueren konnte. Die Nacht von Freitag auf Samstag bereitete meiner Familie und mir dann schon erste Schwierigkeiten im Kampf gegen das Wasser.

Der zunehmende Regen verursachte einen sehr hohen Grundwasserspiegel, weswegen durch einen Abfluss im Kellergeschoss unseres Hauses sehr viel Wasser hochgedrückt wurde. Mein Vater und später auch meine Mutter versuchten das hochkommende Wasser mit einem Schwamm aufzusaugen, um diesen anschließend in einem kleinen Eimer auszuwringen. Wie sich später herausstellte, war diese Mühe vergebens! Um elf Uhr abends wunderte ich mich, was meinen Vater wachhielt und ging zu ihm in den Keller. Da wir beide zuerst keine Lösung für das vorliegende Problem wussten, rief er den Feuerwehrchef unserer Stadt an und bat ihn um Rat. Dieser empfahl uns, dass wir eine Burg mit Hilfe von Sandsäcken um den Abfluss bauen sollten. Also holte mein Vater die von der Feuerwehr bereitgestellten Sandsäcke ab, und um Mitternacht schleppten wir zehn kleine, aber dennoch erstaunlich schwere und äußerst schmutzige Sandsäcke vom Kofferraum des Autos in den strömenden Regen und hinunter in den schon teils gefluteten Kellerraum. Die Säcke richteten wir nun in einer viereckigen Anordnung um den Abfluss an. Eine Burg sah zwar anders aus, aber fürs Erste, dachten wir, müsste das reichen. Doch wir täuschten uns. Die Sandsäcke waren schon nach ein paar Stunden komplett durchnässt. Es half also alles nichts! Glücklicherweise konnte uns ein Freund meines Bruders eine Wasserpumpe leihen, und somit konnte das Wasser in einen naheliegenden Kanaldeckel abfließen. Wir hatten erst einmal Ruhe. Gottseidank!

Doch der Regen hörte nicht auf. Erst am Dienstag besserte sich die Situation. Obwohl wir nun im Trockenen saßen, erging es vielen bayerischen Landsleuten und den österreichischen Nachbarn miserabel. Versunkenes Passau, überflutetes Deggendorf, weit über die Ufer getretener Chiemsee, unpassierbares Freilassing sowie von Hochwasser gefährdetes Salzburg – die intensive Berichterstattung schockierte uns. Das Leid der vielen Menschen, ihre ausweglose Situation stimmte uns zutiefst traurig. Viele von den Betroffenen hatten alles verloren. Was für eine Tragödie!

Die zunehmend brenzlige Situation ließ Zweifel in mir aufkeimen, ob überhaupt möglich wäre, am Sonntag gegen Abend nach Salzburg zu gelangen. Da ich durch zahlreiche Rundfunkberichte von der katastrophalen Lage in Freilassing wusste, suchte ich im Internet nach einem sogenannten Liveticker, um aktuelle Verkehrsmeldungen sowie etwaige Hochwassermeldungen zu erhalten, in der Hoffnung, doch noch abreisen zu können. Die Verkehrsupdates der Seite des bayerischen Rundfunks halfen mir dabei, zu begreifen, daß meine Chancen, Salzburg bald zu erreichen, dahinschwanden. Auch die zweite Option, die bayerisch-österreichische Grenze über Laufen zu passieren und von dort aus weiter nach Oberndorf und Salzburg zu gelangen, blieb mir verwehrt. Die Salzach war auch an dieser Stelle zu hoch, als dass der Verkehr über die historische Brücke gestattet werden könnte. Nach mehrmaligen Updates auf der Seite und dem gleichbleibenden Stand der Unpassierbarkeit, gab ich den Versuch auf, einen Weg nach Salzburg zu finden.

Doch mir ging es gut, ich hatte nichts verloren. Die Anstrengung beim Schleppen von ein paar Sandsäcken kam mir so lächerlich unbedeutend vor. Neben zahlreichen Fernsehreportagen, Zeitungsartikeln und Radiomeldungen zeichnete mir vor allem Facebook ein dramatisches Bild der Lage. Meine Freunde waren zwar glücklicherweise nicht davon betroffen, doch durch das Liken von Facebookseiten über aktuelle Hochwassermeldungen erhielt ich Auskunft über die Hochwasserpegel und deren Folgen. Ich war erstaunt über die Hilfsbereitschaft und Courage der Menschen vor Ort. Vor allem in Passau engagierten sich sehr viele Studenten in Form von Aufräumarbeiten, als der Wasserpegel schon wieder gesunken ist.

Heute spricht kaum noch jemand über das Hochwasser, obwohl es sich erst vor ein paar Wochen ereignete. Höchstens Meldungen über Schadensbezifferungen und Nachfolgeerscheinungen spielen eine Rolle in der Medienagenda. Das Thema war bewegend, doch nun sind die katastrophalen Ausmaße vorbei, die Zerstörung und deren finanzielle Sanierung sind nun die einzigen Themen, welche noch interessieren. Obwohl immer wieder einzelne Schicksale von Betroffenen in einem kleinen Zeitungsartikel erscheinen, sind die Medien nun mit dem Thema Hochwasser im Großen und Ganzen durch.

Dieser Ausnahmezustand hat uns nun gezeigt, was Solidarität bedeutet und welche Rolle auch hierbei die Medien spielen. Beispielsweise hat eine Spendenaktion der Passauer Neuen Presse drei Millionen Euro eingebracht. Unzählige Spendenaktionen von Medienunternehmen wie auch von anderen Organisationen rufen zur finanziellen Bereitschaft auf. Obwohl hier auch Vorsicht geboten ist, denn nicht alle Spendenorganisationen erweisen sich als seriöse Wohltäter, ist dies eine große Leistung unserer Gesellschaft. Eines sollte doch nachfolgend bewusst geworden sein – es gilt hierbei nachhaltig zu handeln, damit eine solche Umweltkatastrophe nicht derartige Ausmaße annehmen kann. Unserer Umwelt zuliebe sollten wir bewusster und ökologischer handeln, um im Gleichklang der Natur ein angenehmes Leben verbringen zu können.

Stefanie Spitzendobler

Essay – Hochwasser 2013

Samstag 8.Juni 2013, ca. eine Woche nach dem dramatischen Hochwasser fahre ich nach Hause, damit ich mir einmal selbst ein Bild von dieser Naturkatastrophe machen kann. Meine Familie hat es zum Glück nicht erwischt, weil unser Haus etwas höher auf einem typischen Mühlviertler Hügel gebaut ist, aber die Familie meines Onkels und meine Oma stehn ganz unter Wasser. Kaum vorstellbar, wie sich innerhalb relativ kurzer Zeit enorme Wassermassen plötzlich aus dem Nichts  annähern und schließlich riesige Flächen überfluten können! In solchen Momenten wird einem bewusst, wie hilflos man diesen Mächten der Natur gegenübersteht. Sie lässt sich nicht beherrschen und auf gar keinen Fall von den Menschen bezwingen.

Gleich am Vormittag fahren mein Nachbar und ich zu meiner Oma. Er ist bei der freiwilligen Feuerwehr und war einer der zahlreichen ehrenamtlichen Helfer. Kurz vor dem Altstoffsammelzentrum sagt er zu mir „Gleich zeige ich dir die Anlegestelle der Motorboote, mit denen wir die Menschen und Tiere evakuiert haben.” Das sind Bilder, die könnte ich mir gar nicht ausmalen, hätte ich nicht Fotos davon gesehen. Solche Motorboote haben schließlich einen Tiefgang von ca. 70 bis 80 Zentimeter! Hier ist eine riesengroße, viele Hektar große, ebene Fläche mit zahlreichen Feldern, die unter anderem mit Mais, Raps, Weizen bewirtschaftet werden. So ein Hochwasser bringt jede Menge Schlamm, der an Häusern, Bäumen, Pflanzen und anderen Dingen haften bleibt. Auf den hohen Maispflanzen, die bestimmt schon über einen Meter hoch sind, erkenne ich die Höhe des Wasserstandes an der Höhe des anhaftenden Schlammes.

Wir fahren ein Stück weiter und sehen Feuerwehrmänner in der brütenden Hitze den Verkehr regeln, denn der öffentliche Verkehr wird umgeleitet, bis sich auch die letzten Flüsse in ihr Flussbett zurückgezogen haben. Nur Anrainer dürfen diese Straßen passieren.

Ein Stück weiter sehe ich eine Bekannte, die gerade ihr Haus, Einfahrt und Auto mit Hilfe eines Hochdruckreinigers von dem braunen, klebrigen und sandigen Schlamm befreit. Sie erzählt mir, dass in ihrem Keller noch immer das Wasser stehe, es aber keinen Sinn hat es abzupumpen, weil der Grundwasserspiegel noch immer so hoch sei, dass das Wasser sofort wieder von unten herauf gedrückt werde. Schlichtweg sinnlos, es hilft nur abwarten …

Endlich bei meiner Oma angelangt, sehen wir die fatalen Auswirkungen der Naturkatastrophe. Den Wasserstand erkenne ich sehr gut an der Mauer, fast bis zum Obergeschoss, trotz Hochparterre! Unvorstellbar hoch, das war wirklich eine bedrohliche Wassermasse. Zum Glück konnten sie noch die Traktoren und einen Großteil der zahlreichen Maschinen in Sicherheit bringen und den Schaden zumindest etwas einschränken. Im Wohnbereich konnten ebenfalls die meisten Möbel gerettet werden, aber das schlammhaltige Wasser hat trotzdem markante Spuren hinterlassen. Gemeinsam reinigen wir mit dem Hochdruckreiniger und mit Bürsten die Wände und bilden im Garten einen großen Haufen mit Dingen, die nicht mehr zu gebrauchen sind. Den starken, beißenden Geruch des Wasser-Schlamm-Gemischs, unser treuer Begleiter während der gesamten Aufräumarbeiten, werden wir nicht los, der wird höchstwahrscheinlich erst nach einigen Tagen das Haus verlassen…

Dieses Hochwasser ist für mich ein sehr gutes Beispiel für die gewaltsame Macht der Natur und die überheblichen Gedanken der Menschen, die Natur beeinflussen oder beherrschen zu können.

Ein Student der Universität Salzburg

Hochwasser- Vom Glück und Unglück

Die schöne Weingegend, das schöne Graz und das vorzügliche Essen beim Heurigen. Sonne, Bienen, blühende Blumen und das Gefühl von Sommer.

In Gedanken war ich bei unserem Familienurlaub in der Steiermark, als wir noch im Auto auf der Heimreise waren. Während ich diesem tollen Urlaub nachsann, hörte man im Radio erste Unwetter- und Hochwassermeldungen.

Hochwasser? Meine Gedanken von den sonnigen Tagen waren wie weggeblasen. Während wir in der Steiermark Sonne pur genossen, hatte es zuhause, in Salzburg und Tirol und, wie das Radio uns mitteilte, auch in weiteren anderen Bundesländern, ständig geregnet, so dass einige Teile Österreichs der Überflutung nahe waren.

Hektisches Telefonieren und Straßenkartenlesen. Kommen wir auf dem geplanten Weg nach Salzburg? Kommen meine Mama und meine Schwester dann von Salzburg aus nach Hause? Zunächst waren einige Straßen noch befahrbar. Doch schon bald mussten wir unsere Route ändern. Dass wir nach Salzburg kommen, das war sicher, aber die Hoffnung, dass meine Mama in den Pinzgau und meine Schwester nach Tirol kommt, sank mit jeder neuen Radiomeldung. Zunächst dachten wir, dass sie es noch knapp schaffen könnten. Doch irgendwann war die Hoffnung geschwunden, denn laut Radio wurde der Pinzgau zum Katastrophengebiet erklärt und auch von Salzburg fort war nichts meher möglich.

Wir alle saßen nun in Salzburg fest.

Mein Freund erwartete eigentlich nur mich an diesem Sonntag in Salzburg zurück. Doch stattdessen kamen alle drei Großbötzl-Damen. Damit hätte er wohl nicht gerechnet, keiner von uns.

Zu Hause angekommen hörten wir noch weiter Radio und betrachteten die Berichterstattungen im Fernsehen: Überschwemmungen auf der Zug- und Autostrecke von Salzburg nach Innsbruck. Bilder von überfluteten Autobahnen. Ein Murenabgang in Taxenbach, der Pinzgau war vom Rest des Landes abgeschnitten. Kein Heraus- und kein Hineinkommen. Nichts. Nun saßen wir da, in unserer Wohnung …

Ehrlich gesagt, mir war es ganz recht, dass meine Familie nicht mehr heim konnte. Ich hatte den Urlaub so sehr mit ihnen genossen, und so war ich auf eine Weise auch erleichtert, dass sie noch nicht abreisen konnten. Zwar war der Grund ein trauriger, beängstigender, ein Hochwasser, doch trotzdem war ich froh, sie um mich zu haben.

Die zwei hingegen sahen dies nicht so gelassen. Hochwasser. Was ist daheim los, und vor allem wann kann ich wieder heim? Geht es allen gut? Diese und andere Gedanken geisterten wohl Mama und Schwester durch den Kopf.

Eine Nacht später dachten wir, dass sich die Lage sicher gebessert hätte. Doch nichts hatte sich getan. Viel Wasser und viel Schlamm, überall. An ein Heimfahren war auch am nächsten Tag nicht zu denken. Ein Tag mehr, an dem sie wieder nicht in die Arbeit konnten. Aber da waren sie wohl auch nicht die einzigen.

Den ganzen Tag über hatten wir die Hoffnung, dass sich die Lage vielleicht gegen Abend ändern würde: Wieder hörten wir Radiomeldungen und Berichterstattungen im Fernsehen. Immer das Hoffen, dass doch irgendwann die Straßen befahrbar werden, dass doch irgendwann Entwarnung kommt. Doch am Abend dann die Gewissheit: eine weitere Nacht in Salzburg.

Am nächsten Tag dann wurde die Hoffnung schon wieder etwas größer. Die Lage schien sich zu beruhigen. Meine Schwester hatte schließlich eine Mitfahrgelegenheit nach Innsbruck gefunden, mit einer Gruppe, die versuchten wollte, auf irgendeinem beliebigen Weg dorthin zu kommen, denn schließlich waren alle großen Straßen noch immer gesperrt. Schon nach zwei Stunden dann erreichte uns ihr Anruf, dass sie nun endlich in Innsbruck angekommen sei. Gott sei Dank. Wir waren alle froh.

Und auch am Abend konnte meine Mama die Heimreise antreten. Schade eigentlich. Aber sie war froh, endlich wieder zu Hause zu sein, was ich ihr nicht verübeln kann. Und auch mein Freund genoss es nun, endlich wieder mich für sich allein zu haben. Denn eine Großbötzl-Dame ist wohl auch genug.

Madita Großbötzl

Wasser

Es ist Abend und das Wasser der Brunnen plätschert im Garten, während ich diese Zeilen schreibe. Wasser kann so erfrischend und kühlend sein, jetzt, wo der Sommer endlich gekommen ist. Die Goldfische drehen ihre Kreise und die Frösche schwimmen mit energischen Tempi durch das Wasser. Die ersten Badeausflüge und Ruderpartien liegen hinter uns mit dem beglückenden Gefühl, ganz und gar in ein anderes Element einzutauchen.

Am Wochenende war ich auf einer Hütte. Das wilde Rauschen des Wildbaches war die ganze Nacht zu hören. Herrlich, nach einer langen Wanderung  ein Bad im kalten Bach zu nehmen. Aber auch vorstellbar, wie der Bach zur Schneeschmelze wild und bedrohlich wird. Die Verwüstungsspuren der Muren aus vorangegangenen Jahren sind noch deutlich zu sehen.

Auch die Schäden der letzten Hochwasserkatastrophe werden noch lange nicht behoben sein. In der momentanen trockenen Sommerhitze scheint der nicht enden wollende schwere Regen jener ersten Junitage, der die Flüsse zum Überlaufen brachte und das Land in einen Ausnahmezustand versetzte, weit weg. Und doch: Weggespülte Dämme, nicht mehr vorhandene Gehwege, Gebäude, die sichtbar unter Wasser standen, bleiben als Zeugen der Unwetter zurück.

Zu Beginn war der Regen nur lästig. Ein geplanter Ausflug war nicht möglich, der Kongress bei Dauerregen nicht ganz so angenehm für die Besucher aus Nah und Fern. Dann spitzte sich die Lage zu, der Regen und das permanente Prasseln wollten nicht aufhören. Warnungen wurden ausgegeben, Vorsichtsmaßnahmen getroffen, Strategien für den Notfall überlegt. Das Wasser stieg immer mehr an, der Pegel der Gewässer wurde bedrohlich. Die Situation wurde stündlich dramatischer.

Am dritten Tag des großen Regens wollten wir eine Freundin von München abholen. Morgens wäre das noch problemlos möglich gewesen, allein sie versäumte den Flieger. So verbrachten wir das Wochenende damit zu warten und zuzuhören, wie die Lage immer prekärer wurde.

Am nächsten Tag zu Mittag hatte die Salzach den höchsten je gemessenen Pegelstand erreicht. Baumstämme tanzten wie Zahnstocher auf dem Fluss an den Augen des Betrachters vorbei, die Kaiwege waren von Strandgut übersät. Wenn die Stadt selbst auch vor größeren Katastrophen verschont blieb, so konnte man sich doch nur zu gut vorstellen, wie diese das Flussbett bis ganz oben hin ausfüllende und dahintobende Wassermenge in den umliegenden Gemeinden unglaublichen Schaden verursachen würde. Brücken wurden gesperrt, die Unterführungen abgeriegelt und vermeintlich selbstverständliche Verbindungen unterbrochen. Die Kanaldeckel verwandelten sich in Fontänen, die Straßen wurden zu Bächen, Keller und Tiefgaragen wurden überflutet.

Die auf 36 Stunden später vertagte Fahrt nach München war nicht mehr möglich. Mittlerweile war die Autobahn gesperrt und die Verkehrsstaus schier unendlich. Auf den gewohnten Wegen gab es kein Durchkommen mehr. Sinnlos, mitten in der Nacht jemanden abholen zu wollen, um gleich wieder die Rückreise durch das Chaos anzutreten. Also musste ein professioneller Transferservice gebucht werden, der über stete Funkverbindung die noch möglichen Schleichwege erfahren konnte. Was war das für ein Empfang am langen Ende der Reise! Ein durch Laternen beleuchteter Weg, da die Elektrizität durch das viele Wasser ausgefallen war.

Dabei war das alles eine recht harmlose Variante der großen Flut. Ein Bekannter berichtet aus Passau und Vilshofen. Die Städte waren nur mehr  Inseln in der Donau. Die Feuerwehr in Bayern hatte einen der größten Einsätze ihrer Geschichte. In 21 von 96 Landkreisen und Städten sei Katastrophenalarm ausgelöst worden. Die Feuerwehren seien mit 78 000 ehrenamtlichen Helfern über Tage, teils über Wochen an mehr als 25 000 Einsatzstellen im Einsatz gewesen und sicherten in mehr als 930 000 Einsatzstunden Dämme und retteten Menschen, füllten Hunderttausende von Sandsäcken und pumpten Tausende von Kellern und Tiefgaragen aus. In Salzburg forderte das Hochwasser drei Todesopfer, Muren rissen Menschen mit sich fort und richteten verheerende Verwüstungen an. Die Feuerwehr hatte 500 Einsätze in 14 Stunden zu bewältigen.

Ein anderer Freund wurde evakuiert. Von einem Moment auf den andren musste die Familie ihr Haus verlassen und sich bei Freunden einquartieren, da es zu riskant war, noch länger an der tosenden Saalach wohnen zu bleiben. Die Dämme hielten, und nach Tagen konnte man ins das Haus zurückkehren. Am Saalachspitz soll der Flusslauf jetzt verbreitert werden und der Saalach so im Falle eines Hochwassers Raum gegeben werden, um sich ausbreiten zu können.

Auch von unserem Ruderclub kamen erschreckende Bilder. Der Mondsee war völlig über die Ufer getreten. Der Mondseelauf wurde abgesagt, das Bootshaus in 50 m Entfernung vom Ufer stand unter Wasser. Die eleganten Boote mussten schnellstmöglich ins Trockene gebracht werden, wenn sie nicht in ihren Aufhängungen in Augenhöhe hingen. Die Veteranen des Clubs hatten niemals dergleichen erlebt. Keiner konnte sich erinnern, den Mondsee je so weit über die Ufer getreten gesehen zu haben. Das wöchentliche Training wurde abgesagt, See und Land waren ineinander übergegangen und keiner hätte gewusst, wo das Boot zu besteigen gewesen wäre.

„Panta rhei“ – „Alles fließt.“ Nichts bleibt gleich, alles verändert sich, das Gute wie das Schlechte. Die Situation hat sich beruhigt, das Ausmaß des Schadens ist für dieses Mal ermessbar. Die Hochwassermarkierungen sind gesetzt.

Aber wie wird es weitergehen? Wann kommt die nächste Katastrophe? Und wie soll man es durchsetzen, dass die Interessen der „Großen und Mächtigen“, wie des „Rhein-Main-Donaukanals“, der sich für eine noch weitergehende Begradigung der Flusssysteme einsetzt, nicht völlig mit den Bedürfnissen und dem Schutz des einzelnen Bürgers kollidiert, der sein Zuhause oder seine Lebensgrundlage durch solche Maßnahmen akut bedroht sieht? Wie viele werden die Mühsal des Wiederaufbaus auf sich nehmen, wie viele die Zelte abbrechen und in voraussichtlich sicherere Gefilde abziehen?

Denn letztendlich ist die Natur doch noch stärker als der Mensch.

Christina Hofer-Dückelmann, Juli 2013

Der Mensch und das Wasser

Eigentlich eine recht natürliche Kombination sollte man meinen. Der Mensch lebt mit dem Wasser im Gleichgewicht, welches in Sonderfällen kippt – wie bei einem Hochwasser – und erschreckende Konsequenzen mit sich zieht. Das Wasser sprudelt einem, im übertragenen Sinn, so heftig über den Kopf, dass man erst nach einer Weile durchatmen kann.

Das Hochwasser Anfang Juni ist so ein Beispiel, dessen Konsequenzen mich für eine kurze Weile weggespült hatten. Ich frage mich heute, in wie weit ich hilfsbereit sein sollte? Darf ich Hilfsbereitschaft bereuen? Und warum war ich überhaupt so hilfsbereit zu einem mir so fremden Menschen? Also eigentlich sollte dieser Essay besser heißen: „Dieser Mensch und dieses Wasser!“

Aber ich glaube, ich muss erst mal erzählen, wie es zu diesen Zweifeln überhaupt kam. An jenem Sonntagmorgen wachte ich von Straßenlärm au,f und weil es nach einer Stunde Weiterdösen nicht aufhören wollte, beschloss ich dann doch aufzustehen. Die Nachbarn und noch viele weitere Helfer füllten große Abfalleimer mit Wasser, das sie mit Eimern aus den Häusern trugen. Es lagen Feuerwehrschläuche auf der Straße, die mit Hochdruck Wasser von Kellern auf die Straße pumpten. Gerade hatte ich mich entschieden, mich anzuziehen und den Leuten im strömenden Regen zu helfen, da kam blitzartig die Angst in mir hoch, dass unser Keller im Haus auch betroffen sein könnte. Ich spurtete ins Treppenhaus und traute meinen Augen nicht. Wo ist unser Keller? Gestern Abend habe ich noch vorsorglich mein Fahrrad in den Keller geparkt, damit es nicht nass wird. Und heute versteckt sich der Keller ganz selbstverständlich im graubraunen Kanal-„Mischwasser“ als hätte es nie einen gegeben. Zweiter Schockmoment: Mir fällt auf, dass bei diesem hohen Wasserstand von über einem Meter doch eigentlich der Mieter der Kellerwohnung (ich hatte bislang nicht allzu viel mit ihm zu tun) sich schon längst hätte melden müssen. Zum Glück stellte sich später heraus, dass er über Nacht nicht zu Hause gewesen war. Das ganze Haus hat mit angepackt und Eimer getragen und die Nachbarn Schläuche und Pumpen verlegt. Erst zehn Stunden später war die Wohnung wieder begehbar… es bot sich uns ein katastrophaler Zustand. Daniel tat mir leid, es war alles wie erwartet kaputt, aufgeweicht oder verdreckt. Es roch stechend nach Kanalisation und feuchten Wänden. Alles Vertraute war plötzlich fremd, nichts wollte man mehr anfassen. Die Festplatte, alle Erinnerungen, Dokumente, Schuhe und Klamotten waren zerstört und wir halfen ihm es wegzuschmeißen.

So selbstverständlich, wie wir ihm halfen, war auch mein Angebot, er könne erstmal bei meinem Freund und mir übernachten und duschen – ich dachte da an ein oder zwei Nächte, wenn überhaupt. Plötzlich stand die Wohnung komplett voll mit seinem geretteten Hab und Gut. Das Wohnzimmer, ein Durchgangszimmer, war nun zu seinem geworden, mit Luftmatratze und PC-Ecke. Es ging drunter und drüber, aber noch machte es nichts aus, ihm zu helfen. Nach der fünften Waschmaschine Klamotten, die bei uns gewaschen hatte, war unser kleiner Lebensraum völlig unzugänglich. Nach kurzer Zeit stellte ich mit Erschrecken fest, wie wenig er seine Umwelt wahrnehmen kann, sehen kann, wie es uns dabei geht, so belagert zu werden. Zu echten Unterhaltungen kam es nicht, stattdessen hielt er nur endlos lange Monologe über seine eigene Herrlichkeit. Mich wundert es, wie ein Mensch so wenig Interesse am anderen zeigen und dabei so wenig Empathie aufbringen kann. Allmählich machte mich seine Anwesenheit immer wütender. Ich zweifelte an mir: Gibt es solche Menschen, die so wenig Feingefühl aufbringen, oder sind sie sich ihrer Bosheit vielleicht bewusst? Bin ich empfindlich? Nein, es kann nicht sein, dass jemand in meiner Wohnung bis drei Uhr morgens Computer spielt und sich dabei lautstark per Headset über künftige Spielzüge mit seinen Zocker-kollegen berät, ohne zu bemerken, dass mich das stören könnte. Ich stehe eigentlich schon für meine Bedürfnisse ein, doch in diesem Härtefall war ich sprachlos und fühlte mich wie gelähmt. Ich ging ihm großräumig aus dem Weg, mein Freund rettete so manche Situation. Nach über zwei Wochen zog Daniel endlich aus unserem Wohnzimmer aus, da die Gutachter seine eigene Wohnung wieder für beziehbar hielten. Ich hätte nie gedacht, dass er so lange da bleiben würde. Er hat ein ungutes Gefühl hinterlassen: Eine Unzufriedenheit mit seiner Person, mit seiner Invasion in unseren Lebensraum und eine Unzufriedenheit mit mir selbst, wie ich mit der Situation umgegangen bin. Es gibt nämlich auch ein zwischenmenschliches Gleichgewicht, eine Balance von Geben und Nehmen. Dabei hat mich seine erstaunliche Rücksichtslosigkeit tatsächlich aus der bahn werfen können.

Jetzt im Rückblick und mit dem nötigen Abstand frage ich mich, wie ich wieder mit einer solchen Situation umgehen würde. Heute kommt mir sogar lächerlich vor, in dieser misslichen Lage gewesen zu sein. Es ist verwunderlich, in welchen Situationen und Verstrickungen man sich plötzlich befinden kann. Mittlerweile kann ich sogar über die beiden Wochen im Juni und ihr Chaos lachen… und vor allem erst mal wieder durchatmen.

Eine Teilnehmerin

Salzburg – Sonne statt Schnürlregen

“Salzburg, na klar, kennt doch jeder – Festung, Fluss, Getreidegasse und natürlich der omnipräsente Mozart. Was – studieren kannst du da? Ach, dann ja bestimmt Musik, oder?“

So in etwa reagiert die Mehrheit der Menschen, mit denen ich über meine Wahlheimat Salzburg spreche. Sie haben die Stadt meist nur aus den Augen eines Touristen gesehen, eingereiht in eine nicht enden wollende multikulturelle, meist fernöstliche Menschenschlange, im Marsch durch die ewig gleichen Bahnen der Stadt; an den stets überfüllten Sehenswürdigkeiten vorbei, bei denen man sogar froh sein muss, wenn man deren wahre Schönheit überhaupt wahrnehmen kann – die heißeste Tipp hierfür: Sei ein durchschnittlich großgewachsener Europäer mit klarem Größenvorteil gegenüber den zahlenmäßig deutlich überlegenen Asiaten, ferner bedarf es dazu noch ein wenig Sonne statt Schnürlregen.

Aus der Sicht eines Vogels muss dieses Gewusel einer Ameisenstraße zum Verwechseln ähnlich sehen – lauter brave, sich vorarbeitende Arbeiter, die ihrer Königin hinterherlaufen – einer Königin, die sich in diesem besonderen Falle als ein musikalisches Wunderkind entpuppt. Dieser Superstar, diese unheimliche Berühmtheit hat der Stadt bereits vor langer Zeit zu einem Synonym verholfen – Salzburg als die weltberühmte Mozartstadt.

Diese Menschen, die leider nicht die Möglichkeit hatten, die vielgesichtige Stadt besser kennenzulernen, sind nicht selten erstaunt, wenn ich ihnen dann mein ganz persönliches Salzburger Leben schildere:

Vor mittlerweile fast fünf Jahre, war mein Motiv hierher zu kommen nicht Mozart, nicht Sound of Music oder irgendeine einzigartige Sehenswürdigkeit – nein, es war das studieren zu dürfen, was ich wollte – die Psychologie – und das in einer für mich nicht zu übertreffenden landschaftlichen Umgebung. Das Beste war für mich damals, dass ich dafür gerade mal zwei Zugstunden von Zuhause fahren musste!

Ich stehe frühmorgens auf, genieße ein hektisches Frühstück mit dem süchtig machenden Duft frisch gemahlener Kaffeebohnen in meiner Nase. Schwinge mich auf mein Fortbewegungsmittel Nummer eins, auf mein Fahrrad, und rase auf den Salzach-Fahrrad-Highway Richtung Downtown, den ich mit unzähligen anderen Drahtesel-Begeisterten teile. Das sind Menschen, die verstanden haben, wie man sich in dieser Stadt am schnellsten fortbewegt – vorausgesetzt, ihnen bedeutet der Zeitfaktor etwas. Die vielen anderen Salzburger Bürger hingegen stürzen sich augenscheinlich lieber in die Blechlawine rechts neben mir, die mit einem rekordverdächtigen Schneckentempo immer nur in eine Richtung rollt und dabei maximal Fußgängergeschwindigkeit erreicht. Ich frage mich jeden Tag aufs Neue – wie mächtig ist die Macht der Bequemlichkeit?

Ich düse weiter flussaufwärts in Richtung naturwissenschaftliche Fakultät im Süden Salzburgs und genieße die Freiheit eines Fahrradfahrers – die kleinen Wettrennen mit den vielen anderen Zuspätkommenden, den frischen Duft eines warmen Sommerregens, das Spiel der Schatten in einer Allee, das herrliche, unverwechselbare Knistern beim Durchbrechen einer unberührten Schneedecke und ganz besonders die Sicht auf die vertraute Bergwelt. Das sind Gefühle, dich ich liebe.

Nach knapp vier Kilometern habe ich meine Fakultät erreicht, wunderschön gelegen mit einem 360-Grad-Blick auf alles, was Salzburg zu bieten hat. Jedes Mal fällt es mir schwer, dieses warme Bild zurückzulassen und mich in die kontrastreichen kalten Räume eines x-beliebigen Hörsaals zu begeben. Meine Stimmung verbessert sich jedoch schlagartig, sobald ich von einer neuen spannenden psychologischen Theorie höre, die mich sofort fesselt. Ich bin dankbar für diesen vielseitigen theoretischen Input und tausche mich anschließend mit Freunden und Bekannten darüber aus. Nach Stunden andauernder Theorie kommt aber dann schließlich der Punkt, an dem mein Kopf raucht und streikt und nichts mehr aufnehmen kann. Ich merke, wie ich diese Passivität nicht mehr aushalte und wie mein Körper Aktivität einfordert. Zappelig und ungeduldig kann ich nur noch an das Eine denken: an diese fantastische paradiesische Natur direkt vor der Haustür, die nach mir ruft. Wenn es mein Zeitplan zulässt, erklimme ich direkt nach der Uni einen der vielen Salzburger Hausberge – entweder zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit Skiern, mal allein, mal zu zweit oder in einer Gruppe. Es ist ein unbeschreibliches, erhabenes und vor allem beglückendes Gefühl, auf einem Gipfel zu stehen nach vollbrachter Anstrengung. Ich kann den Raum in zwei Dimensionen wahrnehmen – vertikal sowie horizontal. Dort ganz oben und unter einem diese kleine weltbekannte Großstadt – jedes bekannte Fleckchen so scharf erkennbar, alle alltäglichen Orte und Wege so perfekt auf ein Blickfeld zusammengeschrumpft. Alles erscheint mir so nah und doch so fern. Durch diese körperliche Anstrengung in der Natur können mein Gehirn und ich perfekt abschalten, entspannen und neue Kräfte für den morgigen Tag sammeln. Ich bin mir sicher – ohne diese sportlichen Möglichkeiten, die mir die Salzburger Umgebung bietet, wäre ich ein nur halb so zufriedener Student.

Abends freue ich mich dann je nach Jahreszeit auf ein kühles Radler oder einen warmen Glühwein an einem vertrauten gemütlichen Ort in der Altstadt.

Seit fünf Jahren schaut so mein perfekter studentischer Alltag aus, und ich bin damit so zufrieden wie am ersten Tag. Ich bin glücklich hier studieren zu können – für mich ist Salzburg mehr Sonne als Schnürlregen!

Jan-Christof Bochnik

Studentenheime – günstig und gut?

Wenn man in Salzburg studiert, muss man sich wohl oder übel auch mit der Frage auseinandersetzen: Wo wohne ich? Man ist Student und hat nicht viel Geld: Das sind schon mal keine guten Voraussetzungen, um in Salzburg etwas zum Wohnen zu finden. Eine Option wäre ein Studentenheim.

Doch was kann man von einem Studentenheim in Salzburg erwarten? Ein Raum zum Kennenlernen, gemütliches Beisammensitzen, neue Freunde und billiges Wohnen? Sind Studentenheime noch das, was sie einmal waren?

Was waren Studentenheime bzw. was glaubt man, dass sie waren? In meiner Vorstellung waren Studentenheime seit jeher ein Treffpunkt, um neue Leute kennen zu lernen, gemeinsam zu essen und gemeinsam das Leben genießen. Eltern einer Freundin, die in dem gleichen Studentenheim wohnten, in dem ich jetzt lebe, erzählten es mir so. Damals war es für sie einfach DER Raum, um etwas zu unternehmen.

Doch als ich in dieses Heim kam, war davon nicht viel übrig. Mein erster Eindruck war: Leere Gänge, keine Studenten. Das Stiegenhaus sah kalt und grau aus, ich konnte wohl ahnen, warum sich hier keiner aufhielt. Es wirkte nicht sehr einladend. Deshalb waren auch all die Studenten, die ich eigentlich vor ihren Zimmern erwartete, drinnen, nämlich in ihren winzigen Zimmern, aus denen sie nur herauskamen, um sich etwas zu kochen. Doch ich finde, dass es noch schlimmer war, im Zimmer zu sitzen als in den leeren Gängen und Gemeinschaftsbereichen. Denn das Zimmer war, egal ob Doppel-oder Einzelzimmer, sehr beengt: Wenig Stauraum, wenig Platz und immer staubig, egal ob man jeden Tag staubwischte oder nicht. Mir war es draußen im Gemeinschaftsbereich etwas lieber, denn da kam ich mir weniger eingezwängt vor.

Je länger ich in dem Heim wohnte, desto mehr merkte ich, dass die Vorstellung, die ich mir gemacht hatte, sich so gar nicht bewahrheitete. Meine und ich Zimmerkollegin saßen zwar weder beim Essen noch beim Kaffeetrinken in unserem Zimmern. Doch dabei sahen wir kaum Mitbewohner; drei, vier Leute in anderen Stockwerken vielleicht.

Eine Heimbar, die alle zwei Wochen stattfand, war zumindest ein Treffpunkt in diesem Studentenheim, zu dem einige hinfanden. Doch auch diese Gelegenheit wurde von längst nicht allen Studenten des Hauses wahr genommen, obwohl alles zu günstigen Studentenpreisen angeboten wurde, nicht zuletzt auch Tischfußball und sogar Billard.

Natürlich muss das nicht so sein, in anderen Studentenheimen gibt es mit Sicherheit noch so etwas wie ein Gemeinschaftsleben, doch ob es entsteht, das kann vorher niemand genau sagen. Es hängt immer von den Studenten ab, die dort wohnen.

Es kann auch innerhalb der Häuser Unterschiede geben, wie es ein Beispiel eines anderen Heims zeigt. Im 3. Stock war die Gemeinschaftsküche leer, jeden Tag. Keine Leute, die gemeinsam saßen oder kochten. Nichts. Schaute man einen Stock höher, sah die Sache schon ganz anders aus. Eine wirkliche Gemeinschaftsküche. Gemeinsames Essen, gemeinsames Beisammensitzen und sogar Küchenpartys.

Man muss wohl ein Glück bei der Wahl seines Studentenheimes haben. In manchen ist es tatsächlich noch so, wie man es aus alten Geschichten gehört hat, in anderen findet man leere Gänge und bekommt keine anderen Studenten zu Gesicht.

Studentenheime bieten sich oft an, um günstig zu wohnen; manchmal geschieht dort auch genau das, was man erwartet, aber nur selten das, was man sich erhofft hat.

Madita Großbötzl

Essay – Studieren in Salzburg

Mittlerweile sind sie schon einige Semester her (wie viele genau, werde ich euch aber nicht verraten): meine ersten Schritte in Richtung Universität Salzburg. Meine Erinnerung hieran ist so fest eingebrannt, als wäre es erst gestern gewesen.

Schon während der Oberstufe war für mich klar, dass ich einmal studieren würde. Doch nach der Matura wollte ich erst mal gar nichts mehr lernen. Ich genoss die Maturareise in vollen Zügen, denn schließlich wartete gleich anschließend das Bundesheer darauf, daß ich dem Vaterland dienen würde. Als ich meinen Präsenzdienst im Jänner endlich absolviert hatte, machte ich mich über die Inskriptionsmodalitäten der Uni schlau. “So kompliziert wird‘s ja wohl nicht sein, bis Ende Februar hab ich Zeit zum Inskribieren, und dann werd ich mich für ein paar Kurse anmelden, nicht allzu viele, weil ich ja auch nebenbei arbeite”, dachte ich mir.

 

Die Zeit vergeht, Jänner, Februar… „Ach, das geht sich schon aus.“ Ende Februar fand ich schließlich den Weg zum zuständigen Büro. Aber was war denn da los? Eine lange Schlange von Studienanfängern bis auf die Straße heraus. Meine Trödelei begann sich anscheinend zu rächen. Endlich, nach elendslanger Wartezeit für die Studienrichtung ‚Recht und Wirtschaft‘ inskribiert, startete ich zu Hause hoch motiviert und erwartungsvoll meinen Computer, um mich für meine Kurse anzumelden. Leichter gedacht als getan, erster Kurs voll, zweiter Kurs weit überfüllt… Ihr werdet wohl ahnen, wie es weiter ging. „Das kann doch nicht sein, hätte ich mich doch schon eher um diese Dinge gekümmert! Hilft ja alles nichts, ich probiere einfach die Übung mit den kürzesten Warteliste aus, und den Rest füll ich mit Wahlfächern auf, mehr Zeit hab ich ja eigentlich ohnehin nicht.“

Rasch stand mein erster Uni Tag vor der Tür. Mittlerweile war ich in der Warteliste bereits auf einen hoffnungsvollen Platz 4 vorgerückt; die Chance, gerade noch in die Übung aufgenommen zu werden, war erheblich gestiegen. Es war zwar erst März, aber das Wetter war an diesem ersten Studientag schon fast sommerlich. Die Sonne strahlte so vom blauen Himmel, daß man keine Jacke mehr brauchte. Ich schwang mich auf mein Rad Richtung Uni, reichlich nervös, kette mein Fahrrad neben den anderen an und begebe mich auf die Suche nach dem Hörsaal 230. Mit meinem schweren Gepäck bestehend aus einem Block und einem Kugelschreiber stieg ich die steinerne Treppe, offenbar ehrwürdigem Marmor, in das Untergeschoss hinab. Zwei Eingangstüren, das ließ auf einen größeren Vorlesungssaal schließen. Ich wählte also die linke Tür und blickte geradeaus in den Raum: „Ohje, da sind aber schon einige. Wie viele Studenten werden da wohl hinein passen?“ Ich betrachtete die Bänke aus Holz, die stufenförmig nach unten führten. Vorne zwei große grüne Tafeln, in der Mitte projizierte der Beamer schon den Titel der Lehrveranstaltung auf die Leinwand: “Übung Allgemeines Vertragsrecht I”. Was wir da wohl lernen würden? Eigentlich suchte ich einen unauffälligen hinteren Platz, aber da waren schon alle Reihen gefüllt, also setzte ich mich in die Mitte, wo ich gerade noch einen Platz entdeckte. Endlich trat der Professor ein, ein etwas älterer Herr mit Anzug. Als er sogleich die Anwesenheitsliste durchging, hatte ich Glück, da doch einige nicht erschienen waren. So rutschte ich in der Warteliste auf und ergatterte den ersehnten Fixplatz.

 

Dieses Mal hatte ich also noch Glück gehabt, aber wahrscheinlich war gerade diese Erfahrung des hoffenden Wartens gleich zu Studienbeginn eine prägende Lehre für mich, denn von diesem Zeitpunkt an sitze ich immer pünktlich zur ersten Minute der Anmeldefrist aufmerksam vor dem Computer.

Andreas Reisinger

Uni-Sport ist easy… aber nur durch USI

Studieren, das heißt viel lesen, schreiben und lernen. Bei meinem Studienfach Kommunikationswissenschaft stellt das Lesen und Schreiben das Herzstück des Studiums dar, denn ich befinde mich nun am Ende des Masterstudiums und habe somit die Grundkenntnisse und Theorien der Kommunikationswissenschaft schon gelernt und mehrfach wiederholt. Da ich gerade an meiner Masterarbeit schreibe, verbringe ich fast jeden Tag in der Bibliothek, um unzählige wissenschaftliche Werke zu lesen und die wesentlichsten Informationen in meiner Arbeit zu vermerken. Bei dieser mentalen „Belastung“ benötigt man wiederum einen Ausgleich. Ich suche diesen durch sportliche Betätigung – genauer gesagt durch die Teilnahme an USI-Kursen.

Ob man für die persönliche Kondition und Fitness etwas tun möchte, präventiv und gesundheitsfördernd sportlich aktiv sein will, eher der spielorientierte Typ und Teamplayer ist oder am liebsten einfach nur in der freien Natur körperlich aktiv ist – mit dem Universitätssport ist für jeden etwas dabei und das zu wirklich günstigen Preisen. Zwischen 12 und 140 Euro sind jegliche Kurse und Leistungsstufen für die Studierenden buchbar, die meisten Sportkurse kosten in der Regel nur 18 Euro und das ein ganzes Semester lang.

Von Body Shape, Power Workout, Pilates, Taekwondo, Tennis hin zu Volleyball – so weit reicht meine Erfahrung im USI-Bereich. Wobei ich zum BORG im Nonntal, zum Annahof, zur Getreidegasse und zum Universitätssportgelände in Rif schon fast quer durch Salzburg geradelt bin, um diese Kurse zu besuchen und nochmals aktiv zu sein.

Bei diesen unterschiedlichen Standorten in Salzburg ist somit ein weitreichendes, flächendeckendes Sportnetzwerk geschaffen worden. Dennoch können die anderen Sportstätten mit dem Universitätssportgelände in Rif nicht mithalten. Die grüne, dörfliche Umgebung, die zahlreichen roten und blauen Tennisplätze, die sandigen Beachvolleyballplätze und das traumhafte Bergpanorama haben es mir sofort angetan! Bei dieser natürlichen Umgebung und ruhigen Kulisse konnte ich während des Sports am besten abschalten und den Schreibstress für ein paar Momente vergessen.

Gerade der derzeitige Volleyballkurs in Rif ist eindeutig mein Favorit, denn es passt einfach alles – die sympathischen Mitspielerinnen, das hohe Niveau im Team und der regelrechte Spaßfaktor während des Spiels!

Die erhitzten Füße versinken im kühlen, feinen Sand. Die letzten warmen Sonnenstrahlen des Tages tauchen die Umgebung in Gold ein und nehmen mir gleichzeitig die Sicht. Die Luft ist noch lau, kein Wind bläst. Die Berge schimmern in einem wunderschönen weiß-blauen Farbton und ragen hoch in den klarblauen Himmel empor. Ich nehme den ledernen Ball, werfe ihn ein paar Meter in die Höhe, blicke einen Augenblick in die grelle Sonne und muss blinzeln, um den Ball sehen zu können. Ich strecke meinen rechten Arm nach hinten und schlage den Ball mit der festumschlossenen Faust und einer solchen Wucht nach vorn, dass dieser in Windeseile an meinen Mitspielerinnen vorbeisaust. Der Ball fliegt über das festgespannte Netz ins gegnerische Feld und wird von einer Kontrahentin spielerisch leicht angenommen. Das Spiel hat begonnen. Jetzt heißt es volle Konzentration! Mit jedem Schlag auf den Ball fühle ich, wie mein Körper sich mehr und mehr entspannt und der Stress Stück für Stück abfällt. Am Ende der Kurseinheit fühle ich mich zwar ziemlich ausgepowert, doch zufrieden. Ich habe nun zu meiner inneren Mitte gefunden. Gerade solche Momente machen das sportliche Erlebnis noch schöner und beflügeln mich, diesen Sport immer wieder auszuüben.

Meine USI-Karriere ist mit diesem Semester leider zu Ende, da ich mein Studium demnächst abschließen werde. Eines ist jedoch gewiss – meine Neugier auf neue Sportarten wurde geweckt!Den Halbmarathonlaufen, Kajakfahren, Squash und vieles mehr – das Abenteuer Sport kann weiter gehen!

Stefanie Spitzendobler

Studieren in Salzburg

Wenn man schon doppelt so alt wie die meisten Studenten ist und nach Jahren an die Universität – noch dazu zum ersten Mal in der eigenen Heimatstadt –  zurückkehrt, ist das eine ganz eigen Sache.

Ich erlebe Salzburg nach wie vor und noch immer und immer wieder aufs Neue als wunderschöne Stadt, und am Morgen ohne die Hektik des Berufsalltags mit dem Fahrrad über Residenz- und Kapitelplatz in die Kaigasse zu fahren und in einem geschichtsträchtigen Gebäude in ein Seminar mit einer Handvoll Kommilitonen zu gehen: das erscheint mir als wahrer Luxus. Man trifft sich, um gemeinsam zu denken und zu philosophieren. Ich frage mich, ob das wohl repräsentativ ist oder ob ich nur mit der Auswahl meiner Fächer Glück gehabt habe.

Ein bis zum letzten Platz gefüllter Hörsaal, ein Chemielabor im Anschluss, alles schäbig und kurz vor der Schließung des Institutes, ein verschultes Curriculum – das sind meine Erinnerungen an mein Pharmaziestudium vor vielen Jahren in München. Mein Aufbaustudium in Schottland war sehr praktisch orientiert und spielte sich vor allem in Krankenhäusern ab, sodass es nicht wirklich mit dem Studieren eines geisteswissenschaftlichen Faches vergleichbar ist. Und auch mein Dissertationsstudium mit seinen gedrängten Vorlesungen zwischen Salzburg und Wien, wo wir uns an die Auswertung der Blutproben machten, um die Nächte in Salzburg mit dem Zusammenschreiben zuzubringen, entspricht nicht meinen eigentlichen Vorstellungen vom Studieren.

Ganz anders mein spätes Studium in Salzburg. Von Anfang an war alles sehr persönlich, die Inskription, die Absprache der Kurse mit den Zuständigen in den verschiedenen Instituten, die Kurse selbst. Liegt es daran, dass alles nur ein kurzer Ausnahmezustand von ein paar Monaten sein darf und ich deswegen ganz bewusst auswähle, um es ebenso bewußt zu genießen?

Als neuer alter Student muss man sich erst wieder im System zurechtfinden. Wo bekomme ich meine Informationen? Wie kann ich hier Bücher ausleihen? An welchem der vielen Standorte verschiedener Institute sind sie zu finden? Die einen sind selbst mitzunehmen, auf die anderen muss gewartet werden.

Alles ist im Computer ersichtlich. Das Ausleihen und Vorbestellen der Bücher erfolgt per Computer. Man immatrikuliert auch per Computer, man hat seine ID im Computer, das „blackboard“ und die Emailadresse halten einen auf dem Laufenden. Die Studenten haben ihre „smartphones“ stets bereit und sind jederzeit erreichbar und online.

Ich kann nicht beurteilen, wie das Studentenleben in Salzburg so ist, wo und wie man in dieser Stadt lebt und isst und sich vergnügt, wenn man Anfang 20 ist, da ich neben dem Studium mein gewohntes Leben fortsetze, in dem viele Entscheidungen schon gefallen sind. Aber es ist schön, wieder mit den so viel Jüngeren zusammenzukommen, sich vorzustellen, wie sie noch so vieles vor sich und zu entscheiden haben; frei sind und die Gelegenheiten, die sich bieten, problemlos ergreifen können. Auslandssemester, Jobangebote, neue Beziehungen, alles scheint noch offen zu sein. Aber eben auch erlebt werden zu müssen …

In Salzburg als junger Mensch zu studieren stelle ich mir schön vor, weil alles nahe beieinander liegt. Man braucht kein Auto, alles ist mit dem Fahrrad zu erreichen. Es muss sehr reizvoll sein, hier neu herzukommen und alles für sich zu entdecken. Ob und wie einfach oder schwer ein finanzierbares und hübsches Quartier für einen Studenten aufzutreiben ist, lässt sich für mich, die ich ja in dieser Stadt aufgewachsen und im Beruf zu leben gewohnt bin, nicht beurteilen. Inwieweit braucht und findet man einen Zusatzjob, um sein Studium zu finanzieren oder sich etwas mehr leisten zu können? Ich habe aber den Eindruck, dass zumindest meine Kommilitonen ganz gut zurechtkommen.

Es scheint sehr nette Kollegen zu geben, nicht in so überwiegender Zahl wie in großen Universitätsstädten mit allen nur erdenklichen Studienrichtungen, aber doch genügend. Die Lehrenden sind den Studenten sehr nahe und immer für ein Gespräch zu haben. Natürlich, mein Altersunterschied zu ihnen ist jetzt auch ein anderer. Ähnlich wie in meinem Studium in München bin ich von Deutschen umgeben – hier hat sich mit der EU wohl einiges verändert.

Ist die Stadt interessant und abwechslungsreich, wenn man jung ist und alles ausprobieren möchte? Oder viel zu eng, teuer und borniert? Die Sportler werden sich wohl fühlen, denn Berge, Seen und die Natur überhaupt sind nie weit weg. Kunst- und Kulturinteressierte werden auch auf ihre Rechnung kommen. Und die wirklichen Großstadtmenschen werden sich hoffentlich nie für eine kleine Stadt wie Salzburg entscheiden.

Christina Hofer-Dückelmann, Juni 2013

 

 

La vie est belle… auch abseits des französischen Mainstreams?

Reisen, das bedeutet für mich weniger bestimmte Sehenswürdigkeiten abzuklappern, nur um dann meiner Familie, meinen Freunden und Bekannten eine Masse an Fotografien zu zeigen, zu denen man oft kaum einen Bezug hat. Für mich machen das Flair, der Moment und somit auch das Einatmen der Lebensweise des Landes die ideale Art des Reisens aus. Am schönsten ist es dazu noch, wenn ich Menschen kennen lerne und somit in die reale Welt der dortigen Umgebung eintauchen kann und dabei nicht in einer touristisch verkitschten Atmosphäre verharre.

Meine letzte Reise ging nach Frankreich – ein europäisches Land, das ich besonders gerne besuche. Da ich schon einmal ein paar Tage in Frankreich verbracht habe, aber noch nie abseits von Paris, beschloss ich, die Normandie mit zwei Freundinnen zu erkunden.

Donnerstag, 17:30 Uhr – Flughafen München

Der eigentliche Anlass, sich in den Flieger von München nach Paris zu setzen und von dort aus weiter mit dem Zug in die Normandie zu reisen, war die eine Freundin. Sie war dort in einem kleinen idyllischen Ort gerade als Lehrassistentin für französische Gymnasien tätig, um den Schülern spielerisch die deutsche Kultur näher zu bringen.

Donnerstag – 22:00 Uhr – Paris, Montmartre

Als wir am Abend in Paris gelandet waren, haben wir uns sofort in das Nachtleben begeben: Unser Hostel lag mitten im Zentrum des nächtlichen Trubels von Paris – natürlich in Montmartre, dem wunderschönen Künstlerviertel der Stadt. In einer kleinen gemütlichen Bar namens „La fourmi“ – auf Deutsch „Die Ameise“ – knüpften wir auch schon erste Bekanntschaften. Obwohl Ivo und Jules direkt in Paris wohnten und arbeiteten, stammte der eine aus Korsika und der andere aus den Bergen Frankreichs. Ich glaube aus den Vogesen, wo die Quelle des teuren Mineralwassers Evian liegt.

Die Nacht war lang und voller philosophischer Gespräche – der Alkohol trug auch ein kleines bisschen zur Stimmung bei. Als wir um fünf Uhr mit der ersten und erstaunlich überfüllten Metro wieder in unser Hostel zurückkehrten, fiel es uns schwer keinen Radau zu machen; schließlich wollten wir die, uns eigentlich ganz unbekannte, Zimmergenossin nicht aufwecken. Nachdem sie sich zuerst geregt hatte, schien sie sich dann doch nicht von unserer beschwingten Laune aus dem Schlaf reißen zu lassen: Gott sei Dank!

Freitag – 10:00 Uhr – Paris, Montmartre

Kaum hatte ich die Augen geschlossen, läutete schon wieder unser Wecker, und wir hatten nur noch eine Stunde Zeit bis zum Auschecken. Ich hätte am liebsten einfach nur weitergeschlafen, da ich solch starke Kopfschmerzen von der kurzen Nacht hatte und mir auf den Beinen noch etwas schwindlig war. Noch entkräftet entschlossen meine Freundin und ich uns, die Treppe zur Rezeption hinunter zu stapfen, um eine weitere Nacht zu buchen, nur um noch etwas länger zu schlafen. Das Glück lag jedoch nicht auf unserer Seite – alle Zimmer waren ausgebucht. Natürlich, es war ja Freitag. Ich hätte laut losschreien und fluchen können, jedoch war ich einfach zu müde für einen solchen Wutausbruch. Außerdem hätte dies auch recht unreif gewirkt. Sichtlich enttäuscht gingen wir in unser Zimmer zurück, packten und verließen das Hostel.

Zuerst beschlossen wir, uns mit einem kräftigen Pizzaessen zu stärken und noch eine kleine Weile in Montmartre zu schlendern – bevor wir uns nach L’Aigle, dem kleinen Örtchen 142 km westlich von Paris, aufmachten. In den schmalen Gassen kamen wir an hübschen kleinen Restaurants und Straßencafés vorbei und stöberten in einem bunten und vollgestopften Second Hand Shop. Ich fand dort ein schickes, schwarz-rot gemustertes Kleid aus Satin, welches mir wie angegossen stand. Mit diesem Erfolgserlebnis fühlte ich mich mit Paris noch mehr verbunden als bei meiner ersten Reise in diese Stadt.

Von den vielen Eindrücken noch benommen, hatten wir keine bessere Idee als unglaubliche zwei Stunden in einem heruntergekommenen und schmutzigen Fast-Food-Restaurant namens „Quick“ zu verbringen. Sinnvoll war das Herumlungern in dieser versifften Bude nicht gerade, wie wir dann einsehen mussten. Also kehrten wir wieder in unser Hostel zurück, buchten noch eine Nacht für den Sonntag und schlenderten zum Bahnhof, um endlich in die Normandie zu reisen.

Nach anstrengenden 2 Stunden in einem überfüllten Zug von Paris nach L’Aigle kehrten wir schließlich im riesigen und zugleich auch verlassen wirkenden Appartement unserer Freundin ein. Sie wohnte dort ganz allein, obwohl es für noch zwei weitere Lehrer gedacht gewesen wäre. Sie empfing uns mit einer schlechten Nachricht, die uns zunächst frösteln ließ, nämlich dass die Heizung an diesem Herbstwochenende nicht funktioniere. Es gelang uns aber, indem wir uns in flauschige Decken wickelten und Unmengen an heißem Tee tranken, der Kälte zu trotzen. Nach einer französischen „Brotzeit“ – frisches Baguette, Frischkäse aus Ziegenmilch und buntgemischter Blattsalat – sahen wir uns noch französisches Reality-TV an, bis uns die Müdigkeit übermannte.

Samstag – 11:00 Uhr – Étretat und L‘Aigle

Am nächsten Tag besichtigen wir das raue Meer in Étretat. Während der langen Autofahrt dorthin machten wir einen kurzen Halt in Lisieux, der zweitgrößten Pilgerstadt in Frankreich. Die beeindruckende, im neobyzantinischen Stil gehaltene Basilika stimmte uns friedlich und hinterließ große Bewunderung für diese Architektur.

Als wir den Strand erreichten, war ich fasziniert von der Kraft des gewaltigen Atlantik. Obwohl das Wetter alles andere als warm und heiter war – immerhin war es Mitte November – ließ ich mich von den großen, tosenden Wellen und dem kiesigen Strand in eine andere Welt tragen. Das schwappende Geräusch der ankommenden dunkelblauen Wellen beruhigte mich auf Anhieb. Ich fand ebenso Gefallen an den glatten, runden Steinen, welche es in den verschiedensten Grau- und Brauntönen gab. Sie fühlten sich in der Hand sehr schmeichelhaft an, aber wollte man auf ihnen den Strand entlangwandern, sank man mit den Füßen in dieses steinerne Meer regelrecht ein. Als Andenken nahm ich eine Hand voll von diesen so unberechenbaren und zugleich wunderschönen Kostbarkeiten mit.

Am Abend begaben wir uns wiederum ins französische Nachtleben – diesmal jedoch in einem kleinen knapp 8.000 Einwohner umfassenden Seelenort namens L’Aigle, was übersetzt „der Adler“ bedeutet. Als wir die einzige wirkliche abendliche Bar der Kleinstadt besuchten, kannten wir noch niemanden. Nach kurzer Zeit jedoch begannen uns die Einheimischen einer nach dem anderen anzusprechen: Einer zeigte uns verblüffende Zaubertricks, ein weiterer machte uns, kaum hatte er unsere Sprache gehört, sogleich mit seiner Freundin bekannt, die ganz zufällig aus Salzburg stammte wie wir. Mit dieser witzigen Truppe gingen wir schließlich, als die Bar um Mitternacht schließen wollte, in den einzigen Club im Ort – ins „Le Moulin“ – die Mühle.

Sonntag – 12:00 Uhr – L’Aigle

Nach einer heiteren, wenn auch ungewöhnlichen Nacht in dieser kleinen Stadt verbrachten wir den nächsten Tag damit, die Ortschaft mit den historischen Gedenkstätten aus dem zweiten Weltkrieg und den kleinen geschwungenen Gassen noch ein wenig zu erkunden. Am Abend kehrten wir wieder nach Paris in unser Hostel zurück und verbrachten den letzten Abend wiederum in der Bar „La Fourmi“. An diesem Sonntag war kaum etwas los. Als wir uns gerade wieder auf den Weg machen wollten, winkte uns ein bärtiger Mann zu. Wir winkten zurück, und drei Männer kamen an unseren Tisch. Diesmal waren es kanadische Künstler aus Montréal, die mit ihrer Indie-Band namens „Canailles“– auf Deutsch „Schurken“ – auf Europa-Tournee waren. Ich unterhielt mich mit dem Bärtigen, obwohl er recht schwer zu verstehen war, denn sein Französisch hatte für meinen Geschmack einen zu starken amerikanischen Einschlag. Als wir um ein Uhr die Bar verlassen mussten, kehrten wir in unser Hostel zurück, wo auch die Bandmitglieder nächtigten. Im Aufenthaltsraum zeigten sie uns noch viele verblüffende Kartenzaubertricks, die wir einfach nicht entschlüsseln konnten.

Montag – 10:00 Uhr – Paris, Montmartre und München

Die letzte Nacht war wiederum kurz. Meine Freundin, die Lehrassistentin, musste nach L’Aigle zurückkehren. Und meine andere Freundin und ich konnten auch nicht mehr lange in Paris bleiben. Bei einem selbst zusammengestellten Mittagessen aus dem Supermarkt – erfrischender Couscoussalat, frisches Baguette und in Öl marinierte Oliven mit Schafskäse –  ließen wir unter dem monströsen Eiffelturm unseren aktiven Kurztrip gemütlich ausklingen. Gegen 22:00 Uhr kamen wir dann im verschneiten und eisigen München an. Beim Anblick der dicken Schneeflocken wünschte ich mich wieder in die Normandie zurück. Doch ich freute mich schon riesig darauf, meinen Liebsten wiederzusehen, weswegen ich übers Heimkommen doch sehr glücklich war.

Auch wenn diese Reise kurz und auch sehr anstrengend war, war sie authentisch wie keine zuvor. Dass man in so kurzer Zeit so viele Menschen aus den unterschiedlichsten Gegenden wirklich kennenlernen kann, habe ich nie wieder erlebt. Dies macht mir die Reise unvergesslich. Von diesen Erlebnissen werde ich immer wieder Neues erzählen können.

Stefanie Spitzendobler

 

Verona – eine Stadt für Verliebte, Genießer und Geschichtsinteressierte?

Verona – eine Stadt für Verliebte, Genießer und Geschichtsinteressierte?„Romeo und Julia“ oder einfach ein Balkon für Touristen?

Obwohl die Stadt nur wenige Stunden von der Heimat entfernt ist, hat man schon bei der Ankunft das Gefühl, ganz woanders zu sein. Der italienische Charme der Stadt ist auch beim Bahnhof schon präsent. Ein paar Straßen weiter, und die typischen kleinen italienischen und romantischen Gassen häufen sich, und nichts lässt einen daran denken, dass man vor 4 Stunden noch in Innsbruck war. Auf dem Weg in die Stadt, zur Arena, geht man auf kleinen, kopfsteingepflasterten Gehwegen, vorbei an kleinen einzelnen Boutiquen, Cafes und Restaurants. Gemütlich. Der große Platz vor der Arena ist zwar mit Menschen gefüllt, aber nicht überfüllt. Italienisch – das einzige Wort, welches diesen Anblick beschreiben kann. Italienisch: Kaffeetassen klappern, der Geruch von Pizza, überall Menschen mit den leckersten Eistüten in der Hand, im Hintergrund italienische Wortfetzen, Leichtigkeit. Geht man weiter, einer Einkaufsstraße entlang, kommt man immer mehr ins Innere der Stadt. Die Gassen werden noch kleiner und noch italienischer und noch romantischer. Weitere viele kleine Cafes. Man kommt an zahlreichen historisch interessanten Bauten vorbei- von einer wunderschönen Brücke, über Gräber von den damaligen Herrschern, bis hin zu einem italienischen Garten, wo auch schon Goethe  so manche Inspiration bekam. Beeindruckende Architektur. Und schließlich DER  Balkon. Der Balkon von Julia. Enttäuschend. Der ganze Innenhof von Touristen vollgestopft, und alles, was man sieht, ist ein Balkon. Was erwartet man auch von einem Balkon, der nur für Shakespears Drama lebt und dafür gebaut wurde? Es ist ein Balkon, wie es jeder sein kann. Aus hellem Stein und Mustern. Darunter eine Julia-Figur, deren Brust man berühren soll, um Glück in der Liebe zu bekommen. Sehr touristisch. Nicht der Balkon macht Verona eine Stadt für Verliebte, sondern das italienische Lebensgefühl, die italienischen, romantischen Gassen und die vielen kleinen Cafes.

Im Großen und Ganzen ist Verona wirklich all das, was es sein soll: eine Stadt für Verliebte, Genießer und für Geschichtsinteressierte. Wer glaubt, Julias Balkon macht aus Verona eine Besonderheit, der irrt. Das Lebensgefühl und der italienische Charme sind es.

Madita Großbötzl

Ein Hund geht auf Reisen

In diesem Winter nahmen mich meine Hundeeltern auf eine Wochenendreise nach Prag mit. Mein Name ist Merlin Holberg, ich bin ein Golden Retriever und etwas mehr als zwei Jahre alt. Ich bin schon recht viel herumgekommen: Nach Deutschland, Italien und Frankreich, in Prag aber war ich noch nie zuvor gewesen.

Die Anreise war recht unkompliziert. Ich musste nicht all zu lange in meinem Reiseabteil im Kofferraum verbringen, dazwischen gab es eine sehr angenehme Pause an einem Rastplatz, der direkt an ein Feld voller Wohlgerüche angrenzte. Ich war sehr damit beschäftigt, die Duftspuren zu verfolgen.

Im Hotel wurden wir sehr freundlich aufgenommen, und die Rezeptionistin war ganz begeistert von mir. Ich bekam viele Streicheleinheiten und Komplimente. Die Einrichtung war sehr geschmackvoll und passte in ihrer Farbzusammenstellung mit ihren Braun- und Orangetönen ausgezeichnet zu meinem Fell.

Bald nach unserer Ankunft durfte ich einen kleinen Erleichterungsspaziergang zu einer Burg in der Nähe machen. „Hradschin“ heißt sie wohl. Da gab es endlich genug grüne Flächen für mich, und ich konnte mich ordentlich austoben. Dann wurde ich aber wieder angeleint und musste brav bei Fuß durch die Stadt spazieren. Es gefiel mir aber gut, was ich zu sehen bekam, und die vielen ungewohnten Gerüche beschäftigten mich sehr. Als äußerst angenehm empfand ich auch die Temperatur, mir war gar nicht heiß in meinem Pelz, und so bedauerte ich es eigentlich, dass wir schon bald in ein Cafe´ einkehrten. Dort musste ich wieder unter dem Tisch liegen mit dem Geruch von Prager Schinken in der Nase, ohne auch nur ein Stückchen abzubekommen.

An einem großen Fluss entlang gingen wir später zurück. Schnee liebe ich, ich kann mich wälzen und abkühlen und säubern und fühle mich pudelwohl – soweit das für einen Golden Retriever möglich ist! Es dauerte nicht lange, bis ich einen anderen Hund entdeckte, den ich gern begrüßen wollte. Obwohl er am anderen Ende des Parks umherschnupperte, konnte ich nicht anders, als sofort zu ihm hinzurennen. Wie zu erwarten ließ ich meine Hundeeltern mit lautem Geschrei zurück, schließlich wollten sie ja, dass ich sofort zu ihnen zurückkehren sollte. – Aber war ich heute nicht schon brav genug gewesen? Jetzt stand mir wirklich eine Runde Spielen zu! „Kennst Du die Parks oberhalb der Stadt?“ Ich mußte verneinen, da waren wir noch nicht gewesen. Viel zu schnell wurde ich wieder eingefangen, aber immerhin hatte ich kurz das Vergnügen gehabt. Ich glaube meine Eltern wären gerne in dieses Museum am Kampapark gegangen, aber da ich nicht willkommen war (dieses Schild kenne ich inzwischen selbst), sind sie draußen bei mir geblieben. Wir spazierten ins Hotel zurück, ich bekam meinen Napf Futter und eine kleine Verdauungspause. Anscheinend hatten aber auch meine Hundeeltern Hunger, und wir brachen bald wieder auf.

Der Weg war mir inzwischen schon bekannt, es ging den Berg hinunter zu dem gossen Fluss. Leider durfte ich nicht wie erhofft in den Park abbiegen. Stattdessen steuerten wir ein Restaurant an und bekamen einen Tisch in einem Riesenraum mit vielen Kerzen, in dem wir ganz alleine waren. Wahrscheinlich war  es mir zu verdanken, dass wir so exklusiv platziert wurden. Ich konnte mich vor den Schmeicheleien der Kellnerin, die auch nach Kollege roch, kaum retten, sie fand mich ganz großartig. Was da so aufgetragen wurde, roch köstlich, aber ich bekam nur die übliche Schlüssel Wasser, die mich ohne Einlage noch nie interessiert hat.

Am nächsten Tag ging es vom Hotel in eine ganz andere Richtung, bergauf bis zu der großen Burg. Allen außer mir schien kalt zu sein. Meine Hundeeltern benahmen sich merkwürdig: Immer wieder verschwand einer von ihnen in einem Gebäude, während der andere bei mir in der angenehmen Kälte stehenblieb. Warum durften wir nicht einfach zusammenbleiben? Für mich war das nicht so schlimm, weil genug Leute da waren, die mich bewundern, fotografieren und streicheln wollten. Ich verstand sie nicht immer, aber das war nicht so wichtig, denn sie waren alle recht freundlich. Nur hin und wieder kam eine kleine Gruppe von Männern in eigenartigem Schritt und komischer Kostümierung, die streng dreinschauten, sodass ich mich dann lieber in der Nähe meiner Hundeeltern versteckte. Viele Bekanntschaften habe ich nicht geschlossen, nur ein paar sehr kleine Artgenossen waren hin und wieder zu sehen. „Wir werden in den Taschen mit hineingenommen!“ Na ja, das kam für mich wohl nicht in Frage! Es ist Jahre her, dass ich im Korb durch Verona getragen wurde.

Nach geraumer Zeit hatten meine Hundeeltern wohl genug gesehen, und wir verließen den Burgberg. Es ging wieder durch kleine Gassen und Straßen, bis wir zu einem schummrig beleuchteten kleinen Restaurant gelangten, wo es allerdings nicht so ganz nach meinem Geschmack roch. Die Pause tat allerdings auch mir gut, und ich genoss die Ruhe und die angenehme Atmosphäre. Danach kreuzten wir den Fluss – die Brücke war aber weit oberhalb des  Wassers gelegen, sodass an Schwimmen nicht zu denken war. Auf der anderen Seite herrschte reges Treiben, viele Menschen, wenig Hunde, hell erleuchtete Geschäfte im Abendschein. Sehr oft entdeckte ich bunte Puppen an Fäden in den Fenstern, die wahrscheinlich auch für mich sehr nett zum Spielen gewesen wären. Es fiel mir auch auf, dass es besonders oft ganz viel Licht und Gefunkel in den Läden gab und die Leute da drinnen die Köpfe nach oben streckten. Nachdem man mich reichlich lange an der Leine hier- und dorthin gezerrt hatte, war ich ganz froh, als wir endlich in unser Hotel zurückkehrten, damit ich mich satt essen konnte.

Von den Diskussionen nach der Reise ist mir in Erinnerung geblieben, dass wir bald wiederkommen werden. Anscheinend hat es den Hundeeltern dort gut gefallen. Auch ich habe nichts dagegen, die erwähnten Parks näher zu entdecken. Bevor wir die Stadt verließen, schnappte ich ein noch etwas auf: „Prag lässt nicht los. Dieses Mütterchen hat Krallen (Kafka).“

Christina Hofer-Dückelmann

Kurztrip New York

Ich blicke auf mein Handy, und jedes Mal werden wieder Gedanken und Emotionen geweckt. Auf dem Hintergrundbild strahlen die zahlreichen Reklametafeln und die riesigen Menschenmassen, die den Times Square, egal zu welcher Tageszeit, beleben. Wenn ich so zurückdenke, bin ich sehr froh, letztes Jahr die Amerikareise mit meinem Bruder und Vater noch um ein paar Tage verlängert zu haben, um ein bisschen am Big Apple der Ostküste Amerikas zu knabbern.

Leider hatte ich nur etwas mehr als drei Tage zur Verfügung, um das niemals schlafende New York zu erkunden. Ich musste also eine Auswahl treffen, was mir nicht leicht fiel. Als Unterkunft wählte ich ein eher kleines, günstiges Hotel an der Upper West Side, das Zimmer war winzig und das Bad am Gang, aber das machte ja nichts, schließlich wollte ich dort nur schlafen, worauf ich mich bei der Ankunft auch schon gewissermaßen freute.

Am ersten Tag startete ich gleich zeitig in der Früh in Richtung Haltestelle der berühmten silberfarbigen New Yorker Subway an der 103rd Street, Ecke Broadway. Besonders charakteristisch für New York sind die zahlreichen duftenden Snack Shops, welche sich wahrscheinlich an jeder zweiten Ecke befinden. Da konnte ich nicht widerstehen und kaufte mir ein paar frisch gebackene Bagels gefüllt mit Ham and Eggs, sozusagen ein typisch amerikanisches Breakfast. Nach einer halbstündigen Fahrt befand ich mich ganz im Süden Manhattans, im Battery Park, um sogleich die Freiheitsstatue vom Ufer aus zu bestaunen. Wahnsinn, dachte ich, genau wie in den zahlreichen Filmen, die hier gedreht wurden, echt beeindruckend. Aus Zeitgründen aber beschloss ich, es bei einem Blick und Foto aus der Ferne zu belassen. Um möglichst viel zu sehen und die Atmosphäre wahrzunehmen, hatte ich mir vorgenommen, mich zu Fuß entlang des Broadways in Richtung Norden vorzuarbeiten. Die schachbrettartige Anordnung der New Yorker Straßen erleichtert die Orientierung immens. Man findet sich eigentlich sofort zurecht, gar nicht vergleichbar mit den Städten in Österreich. Beim Spazieren durch den Financial District bestaunte ich unter anderem die berühmte New York Stock Exchange, die Federal Hall und Büros zahlreicher Finanzunternehmen und Anwaltskanzleien. Alle wichtigen Gebäude werden hier von der Polizei bewacht. Es heißt ja, man glaubt es kaum, dass eigentlich fast jeder Schritt der Passanten auf den Straßen durch Videokameras überwacht wird. Aufgrund der vergangenen Vorfälle und der relativ hohen Terrorgefahr eigentlich verständlich, oder doch übertrieben – ich war unschlüssig.

Weiter lief ich mit kleinen Abstechern durch China Town und Little Italy. Faszinierend, dachte ich mir: wüsste ich nicht, dass ich in New York bin, glaubte ich mich tatsächlich in China oder Italien. Da ich auch noch ein paar Geschenke für die Freunde zu Hause besorgen wollte, machte ich mich auch gleich auf die Suche, aber ich fand eine solche Vielfalt an Geschäften, dass ich mich kaum für eines entscheiden konnte. Gegen Abend brannten meine Füße schon sehr, aber als ich die riesige Menschenmasse am leuchtenden Times Square erblickte, vergaß ich Schmerzen und Müdigkeit. Mir wurde klar, daß an Schlaf noch lange nicht zu denken war. Ungefähr in diesem Augenblick entstand auch das Foto, das ich später als Hintergrundbild für mein Handy auswählen sollte. Ich konnte meinen Augen kaum glauben, als ich plötzlich einen eigenen M&M Shop entdeckte: dort musste ich hineingehen. Drinnen angelangt entdeckte ich M&M Accessoires auf zwei Stockwerken, M&Ms nach Farben in meterhohen Säulen sortiert. Und, als wäre das noch nicht genug, setzte auch noch laute Musik ein, zu der die Mitarbeiter und Besucher wie wild zu tanzen begannen. Mit einem Mal befand ich mich in einer Disco, echt crazy.

Die Erinnerung an die frisch gebackenen Bagel des vorigen Tages führte mich wieder zum ersten Bagel-Geschäft zurück. Diesmal reichte die Schlange an der Kassa fast bis nach draußen. Als ich endlich die warmen Bagels ergattert hatte, machte ich mich auf den Weg in den Central Park, um dort mein Frühstück zu genießen. Hier kann man sich entspannen, den Leuten beim Joggen zusehen, und überall hüpfen kleine braune Eichkätzchen umher, die einem fast aus der Hand fressen.

Die Riesenmetropole aus der Vogelperspektive zu betrachten gehört zum Pflichtprogramm eines jeden New York-Reisenden. Am liebsten hätte ich ja einen Hubschrauberrundflug gemacht, aber das ließ mein Budget leider nicht zu, also suchte ich nach einer Alternative. Um auf das höchste Gebäude New Yorks, dem 381 Meter hohen Empire State Building zu gelangen, hätte ich mich einen halben Tag in die Schlange stellen müssen. Deshalb fiel meine wahl auf das etwas nördlicher liegende Rockefeller Center. In weniger als einer Minute gelangte ich nach einer aufregenden Liftfahrt mit Lichtspielen und Musik in 260 Meter Höhe, ungefähr auf Augenhöhe mit den anderen Hochhäusern in Midtown Manhatten. Auf drei verschiedenen Aussichtsplattformen konnte ich einen malerischen Ausblick über die einzelnen Boroughs genießen. In Richtung Süden, unmittelbar geradeaus, blickte ich auf das Empire State Building und das restliche Downtown New York. Dann drehte ich mich gegen den Uhrzeigersinn und konnte weitere beeindruckende Wolkenkratzer bestaunen, den Donald Trump Tower, das Chrysler Building, den Bank of Amerika Tower, das Woolworth Building. Im Norden befindet sich schließlich der Central Park als die grüne Lunge der Stadt, in der ich ja gerade zuvor meine frischgebackenen Bagels mit Ham and Eggs genossen hatte.

Mit diesem Rundblick ging mein Kurztrip leider auch schon wieder zu Ende. Den einzigartigen Flair dieser Stadt kann man eigentlich gar nicht in Worte fassen. Ich kann nur soviel sagen, daß ich keine Minute bereue, die ich dort verbracht habe und daß ich das nächste Mal, wenn ich dorthin reise – und das werde ich sicher tun – viel mehr Zeit werde einplanen müssen.

Andreas Reisinger

Familienurlaub

Alle Jahre wieder, gegen Ende des Winters, geht sie los – die familiäre Urlaubsplanung. Ein Marathon an Suche, Planung und Organisation. Drei (nun ja, eher zweieinhalb) junge Menschen auf der Suche nach drei Wochen Erholung, Spaß und Aktion. Also ab an den Strand? Unter der Sonne Tunesiens brutzeln? Im Club in Marmaris abfeiern? Nicht mit uns – Gott sei Dank gehören wir unisono zur Kategorie der Aktiventspanner. Unbekannte Länder, sofern sie mit dem Auto erreichbar sind (ferne Flugreisen wurden auf später verschoben) und Möglichkeiten für Abenteuer versprechen – das ist unser Ziel.

Eigentlich beginnt der Urlaub ja schon im Februar, wenn sich der Inhalt der Keksdose langsam dem Ende zuneigt und auch unser kleinstes Mitglied nicht mehr jeden Tag im Schnee verbringen muss. Denn solch gemeinsame Planung des immer näher rückenden Sommerurlaubes kann das Herz im dunklen Kämmerlein erwärmen. Bei der letzten Tasse (Kinder-)Punsch wird der Globus hervorgekramt, und dann wird fieberhaft überlegt, wo a) unbekannte und b) familientaugliche, mit dem Auto erreichbare Destinationen entdeckt werden wollen. Aspekte wie Sicherheit, Wetterbedingungen im Hochsommer, Kulturunterschiede und Sehenswürdigkeiten werden dann noch bis ins kleinste Detail erforscht. Es folgen wunderbare stundenlange Bibliotheksaufenthalte – die Schönheit unserer Welt lässt sich in einem fünf kilo schweren Bildband einfach besser vermitteln als über Bilder auf facebook. Und dann der wohl unangenehmste Teil: Die Internetrecherche. Da werden Unterkünfte gegoogelt, auf tripadvisor auf ihre Bewertung hin geprüft und auf booking.com reserviert. Da werden Distanzen auf den Meter genau berechnet: Von Himmelreich nach Mailand, von Nizza zu den Pyrenäen, von Berlin nach Stockholm. Eine gewisse Affinität zur Kostenrechnung  ist bei der Erstellung des Finanzplanes immer wieder hilfreich. Auf der Suche nach Geheimtipps werden auch noch die zahlreichen Internetforen durchforstet, wo uns schließlich Mr. Geo oder Fräulein Spagnia ihre Eindrücke und Erlebnisse schildern. Omas Reiseführersammlung tut ihr übriges. Bis auf die Bildqualität hat sich ja ohnehin wenig verändert, und man ist immer wieder freudig überrascht, dass der schiefe Turm von Pisa heutzutage doch noch um einiges schiefer ist und die Cinque Terre auch um einiges farbintensiver von ihren Felsen leuchten als im Reiseführer anno 1965 abgebildet.

Auch wenn es bedeutend einfacher anmuten mag, sich im Juli ins Reisebüro zu setzen und sich den Familienurlaub in kurzer Zeit durchplanen zu lassen, so verkürzt die gemeinsame Vorfreude die riesige Spanne zwischen Null und 35 Grad doch bedeutend!

Magdalena Fazal-Ahmad

 

 

Ghana als persönliche Horizonterweiterung

Zu diesem Zeitpunkt war viel los in meinem Leben – ich war noch ein frisch gebackener Abiturient, hatte bereits mein erstes Studium nach wenigen Wochen und völliger Unzufriedenheit abgebrochen und wusste nicht, was passiert jetzt mit mir, was ist dein nächster Plan? Ich war davon überzeugt, dass mir eine Reise weiterhelfen würde, Hauptsache weit weg von Zuhause, um endlich wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Ich glaubte, dass mir besonders ein Land mit einer anderen Kultur und Lebensweise in dieser Hinsicht sehr weiterhelfen könnte.

Daher beschloss ich ein Stückchen Afrika kennenzulernen und begab mich für 4 Monate auf eine Reise in das westafrikanische Ghana. Viele Vorstellungen hatte ich, aber als ich dort ankam, war alles anders.

Ich verließ aufgeregt die geschützten Räume des Flughafens und betrat zum ersten Mal afrikanischen Boden. Zwei Dinge erschlugen mich zugleich – eine scheinbar nicht zu durchdringende Hitzewand und die Blicke unzähliger Ghanaer. Eine leichte Überforderung spürte ich, als mich plötzlich jeder ansprach und irgendetwas von mir wollte – wohin gehst du? Woher kommst du? Kann ich dir helfen? Gib mir doch dein Gepäck. Ich war sehr erleichtert, als ich merkte, dass sich eine Person aus diesem Pulk von Menschen als mein Praktikumsbetreuer entpuppte, schon wenige Minuten später saßen wir in dem scheinbar nächsten geschützten Raum eines ghanaischen Minibusses – eines „TroTro“. Allerdings musste ich schnell feststellen, dass in diesem für maximal 8 Personen ausgelegten Fahrzeug gefühlte 20 Personen saßen und standen. Nie zuvor spürte ich derart viel Körperkontakt, mir fehlte fast die Luft, auch weil ich mit meinem Gepäck nicht gespart hatte. Das erste Abenteuer sollte nicht lange auf sich warten lassen – wir fuhren durch die Straßen einer Millionenstadt – Accra. Meine erste Unsicherheit und Überforderung vom Flughafen legte sich sehr schnell, als ich aus dem Fenster sah. Bezaubert von so viel Leben auf den Straßen um 6 Uhr morgens. Überall Menschen auf nicht enden wollenden Märkten, scheinbar alle am Arbeiten, so viele zufriedene Gesichter, diese ganzen Fahrradfahrer und Mopeds mit waghalsigen Aufbauten. Dazu kam in der ganzen glücklichen Hektik dieses ganze Grün – überall blühende Bäume und Palmen, soweit das Auge reicht. Die Luft, die durch das Fenster drang, fühlte sich angenehm an und roch nach nasser Erde. Plötzlich musste ich erschrocken feststellen, dass mich mein Betreuer fragte, ob mit mir alles in Ordnung sei. Anscheinend sprach er schon eine Weile, ohne dass ich irgendeine Reaktion gezeigt hatte. Er begann mir alles zu erzählen, was mich in Ghana erwarten würde, wie mein Alltag aussehen wird.

Nach einer Stunde waghalsiger Fahrt erreichte ich mein neues Zuhause – ein Haus mit Wellblechdach in einer hübschen ruhigen Seitenstraße. Ich stieg aus, und wieder waren alle Blicke auf mich gerichtet – ich kam mir langsam vor, als leuchtete ich wie ein Glühwürmchen. Kinder rannten auf mich zu und rubbelten an meinen Armen herum – ich verstand nicht, was das zu bedeuten hatte. Alle Leute um mich herum fingen an zu lachen, mir war das sehr unangenehm und ich wurde verlegen. Als mir mein zukünftiger Nachbar erklärte, dass die Kinder meine weiße Haut nur abrubbeln wollen, da sie nicht glauben können, dass ein Mensch eine andere als schwarze Hautfarbe hat, war ich sehr erleichtert und freute mich über diese besondere Begrüßung der Kinder. Die nächste Zeit merkte ich, dass ich mich an diese Prominenz erst gewöhnen musste. Jeder war an mir interessiert, wollte mit mir reden – ein sehr ungewohntes Gefühl, das ich aus Deutschland nicht kannte.

Das Leben ging los in Ghana, und die Erlebnisse der folgenden Monate in einem Kindergarten und Waisenhaus bleiben für mich bis heute unvergesslich und prägend.

Ich bin derart vielen Menschen begegnet, die bitterarm waren, aber trotzdem sehr offen, freundlich und zufrieden. Bei uns in Europa habe ich oft den Eindruck, dass die Menschen sehr unglücklich und traurig wirken, obwohl sie sich doch an sich alles leisten können.

Ich wollte dieses seltsame Phänomen des Ungleichgewichts verstehen und überhaupt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im menschlichen Verhalten. Dies war sehr ausschlaggebend für meine Studienwahl Psychologie, mit der ich bis heute zufrieden bin. Meine Reise war für mich ein voller Erfolg und hat meinen persönlichen Horizont sehr erweitern können. Nach mittlerweile 5 Jahren kann ich sagen, dass die Gefühle, die ich mit dieser Zeit und diesem Land verbinde, nicht an Intensität verloren haben.

Christof Bochnoik

Reisen – ein Abenteuer

Besonders spannend finde ich Orte, an denen ich mich so unterscheide von allen anderen Menschen, die mich umgeben. Natürlich fand ich die Natur und Umgebung immer wunderschön… sogar überwältigend, ob es die Reis-Terrassen in China, die wilden Küstengebiete in Mozambique oder die Tempel in Kambodscha waren. Aber sind es nicht gerade die Menschen, die dort leben, die die Reise interessant machen? Ich versuche mir vorzustellen, wie es ist immer am Meer zu leben, wie es ist, nicht seine Meinung in seinem eigenen Land äußern zu dürfen. Wie ist es, so abgeschieden von der Außenwelt zu leben? … Schon allein finde ich es interessant, wann die Menschen gewöhnlich essen und was… viele Fragen drängen sich mir auf – aber nie werde ich alle beantworten können. Sich in Menschen, vor allem mir so kulturell fremde Menschen, hineinzuversetzen, ist abenteuerlich – das große Abenteuer beim Reisen. In gewisser Weise bin auch ich damit konfrontiert, wer ich selbst bin; wo ich an eigene Grenzen stoße, die für andere Menschen noch nicht einmal das geringste Problem darstellen.

Das fiel mir besonders auf, als ich von Johannesburg (Südafrika) nach Maputo reiste. Die Hauptstadt von Mozambique ist nicht eine Hauptstadt, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Jedenfalls hatte ich das Gefühl, ich müsse schnellstmöglich weg von Johannesburg, aber das einzige Mittel sich fortzubewegen sind die Chappas. Das sind die afrikanischen Kleinbusse, die eigentlich für ungefähr 9 Personen ausgelegt sind und in jedem afrikanischen Land anders heißen. Ich saß nun in einem besonders klapprigen Chappa mit fehlender Schiebetür auf dem Weg nach XaiXai und dachte mir in Stillen: Es wird immer wahrscheinlicher, dass ich die Tour nicht überlebe. Das legte sich aber nach einer Weile, obwohl ich merkte, dass der Bus wohl noch lang nicht die Grenze seiner Kapazität erreicht hatte: In jedem Dorf stiegen mehr Leute ein und aus. Tendenziell mehr ein als aus. Nach mehreren Stunden hatte es gefühlte 40 Grad, und der Bus war besetzt mit etwa 23 Passagieren, zwei Hühnern, einem Baby und entsprechend viel Gepäck. Natürlich war das nur eine Schätzung, da ich nicht unbedingt einen freien Blick nach vorne hatte. Am Ende der Fahrt waren es zwischen 30-35 Mitfahrer und mindestens zwei Menschen auf meinem Schoß. Das brachte mich nur leicht an meine Grenzen, aber was wirklich dramatisch war, war die Luft, die wir atmeten. Es roch so furchtbar nach vielem, das ich aus meinem europäischen Leben gar nicht kenne… nach lebenden Hühnern, nach toten Fischen, nach Rauch und Abgasen, und vor allem extrem säuerlich nach menschlichem Schweiß. Diese zehnstündige Fahrt empfand ich als unfassbar belastend, aber interessant ist doch, dass man sich an wahrscheinlich alles gewöhnen kann. Viele machen das jeden Tag und pendeln von Dorf zu Dorf. Ich frage mich warum? Welche Berufe üben sie aus… wo wohnen sie? Wenn ich so über diese gewaltigen Unterschiede nachdenke, bekomme ich Gänsehaut. Das war eine anstrengende Reise, aber für mich sehr wertvoll, um mich immer wieder zu vergewissern, dass es außer meiner Welt noch eine andere Welt gibt.

Ich hatte mir das Land eigentlich zivilisierter vorgestellt mit Häusern und richtigen Straßen, aber das war nur seltene Ausnahme. Man sah dem Land den Bürgerkrieg an, der noch keine 20 Jahre vorbei war. In den Feldern liegen vereinzelt noch immer Landminen, und fast die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 16 Jahre. Ich fragte mich oft warum, aber merkte schnell, dass ich vielleicht dieser harten Realität nicht gewachsen bin. Was haben die Leute hier schon ertragen müssen? Es gab keine Bettler, es schien kaum Kriminalität zu geben, und ich fühlte mich so sicher wie schon lang nicht mehr. Wenn ich an die Zeit in Südafrika zurückdenke, kommt mir das Land bezüglich seiner Kriminalität und seinen sozialen Abgründen abartig vor. Was macht den Unterschied?

Ich hatte den Eindruck, die Menschen in Mozambique sind sehr ehrliche Menschen. Ich fühlte mich gut aufgehoben… es passierte nichts, und jeder schien seiner Aufgabe nachzugehen. Niemand lag am Straßenrand, allein und hilflos oder betrunken. – Sie sind aber auch ehrlich in dem Sinne, dass sie mich wie Luft behandelten, nicht Hallo sagten oder je lächeln würden. Sie erschienen verbittert, diese jungen Menschen, die so früh Verantwortung übernehmen (müssen), und als hätten sie ihr Schicksal angenommen. Was sie wohl über mich dachten? Warum ist es auf den Straßen so un-afrikanisch ruhig? Warum sah ich kaum jemanden lachen, tanzen oder sich aufregen? Wo sind die Emotionen? Ist das eine besondere Mentalität, oder kann es sein, dass ein Volk noch so flächendeckend traumatisiert ist?  So schien es mir fast. Doch als ich abends von meiner beschaulichen Hütte über den Strand zum Markt lief, sah ich, wie die Jungs (wie am Vorabend) wieder im Sand Fußball spielten, bis es dunkel wurde. Ein komischer Gedanke, aber es kam mir so vor als wäre die Welt schon wieder in Ordnung.

Nach so vielen großen Fragen und fremden Situationen, hatte ich das dringende Bedürfnis danach, Ruhe zu finden, um meine Gedanken zu sammeln. Mir gelingt das immer besonders gut, wenn ich von Natur umgeben bin. Also ging ich zu einem Tauchclub, der auch am Strand lag. Ein plötzlicher Schlag westlicher Vertrautheit: Bücher, ein Computer… Fotos hingen an der Wand. Ich wunderte mich, dass Mozambique‘s Hütten und dieses europäisch eingerichtete Haus auf so dichtem Raum stehen und sich scheinbar überhaupt niemand an den Gegensätzen stört.

Der Tauchgang war fantastisch, diese andere Welt ist ebenso unbeschreiblich wie die Welt der Menschen in Mozambique. Allerdings vergleiche ich nicht, und ich frage mich auch nicht, wie dieser Fisch oder Wal den Bürgerkrieg erlebt hat. Ich bewundere sie nur wegen ihrer Schönheit. Bei den Menschen ist es nicht nur die Schönheit, es ist ihre Persönlichkeit, ihre Kultur und ihre Geschichte, von der ich hören möchte und die das Reisen für mich zu einem Abenteuer machen.

Caroline Lenz