„Der Stil muss immer zum Song passen!“
Bariş Aladağ im Interview
von Maximilian Maria Kaufmann
Frage: Herr Aladağ, Sie versuchen quasi die Emotionen, die Sound hervorruft, in Bilder zu gießen. Was kann Ihrer Meinung nach ein Videoclip zum Verständnis intensiver Emotion beitragen? Geht das überhaupt?
Bariş Aladağ: Das ist durchaus möglich. Beim Video zu Cluesos „Ich bin dabei“ geht es um das Gefühl des Verlorenseins unter Wasser. Der Bassist der Band verstand den Clip jedoch als Visualisierung des Verliebtseins – die Deutung eines Clips ist also zu einem gewissen Grad immer subjektiv. Dennoch denke ich, dass Musikvideos immer auch eine bestimmte Deutung der ihnen zugrunde liegenden Songs nahelegen.
Frage: Sie entdeckten die Liebe zur Musik als DJ in den frühen 90ern, wenige Jahre nach dem Durchbruch des Formats „Musikvideo“. Haben die 80er-Jahre Sie nicht auch schon in dem Wunsch, Musik zu visualisieren, geprägt?
Bariş Aladağ: Ja, sehr! Das Musikfernsehen, also vor allem MTV, war damals neben dem Plattenspieler meine Hauptbeschäftigung.
Frage: Ihr Video zu „zu schnell vorbei“ von Clueso ist sehr minimalistisch, was bei Videoclips ja mittlerweile durchaus eine Seltenheit ist. Müssen Musikvideos für Sie minimalistisch in Stil und Form sein?
Bariş Aladağ: Persönlich hätte ich gerne mehr minimalistische Clips, doch das ist sicher nicht die Regel. Außerdem muss der Stil eines Musikvideos immer auch zum dazugehörigen Song passen. Wenn man dann zwanghaft einen bestimmten visuellen Stil mimt, der gar nicht zum Lied passt, wirkt das Ergebnis nicht stimmig.
Frage: Steht der Videoregisseur Bariş Aladağ nicht manchmal im Konflikt mit dem Songschreiber Bariş Aladağ? Gibt es da konkurrierende Verständnisse davon, was bei Musik funktioniert und was nicht?
Bariş Aladağ: Nein, weil ich als Regisseur immer nur versuche, die Kernessenz eines Songs zu visualisieren. Das bringt viele Freiheiten bei der Ausgestaltung mit sich. Außerdem geraten so die Visionen von Songwriter und Regisseur nicht in Konflikt miteinander. Aber auch das kann vorkommen, wenn sich beide einfach nicht verständigen können und die Ausdeutung jeweils für sich beanspruchen.
Frage: Haben Sie ein persönliches Lieblingsmusikvideo?
Bariş Aladağ: Smack My Bitch Up von The Prodigy, weil es schauspielerisch und technisch großartig ist.