Abstract: Der Erfolg von Veränderungsprozessen aber auch die ständige Weiterentwicklung der Unternehmensziele hängt maßgeblich von einer funktionierenden internen Kommunikation ab. Die Stadtsparkasse München hat einige Stellhebel entwickelt, um den innerbetrieblichen Informationsfluss zu gewährleisten.
Harald Strötgen
Dialog – Die Rolle des Managements in einer offenen Gesellschaft
Vortrag bei den 6. Salzburger Rhetorikgesprächen im Mai 2009
Sehr geehrter Herr Professor Schirren,
sehr geehrter Herr Professor Knape,
sehr verehrte Herren Doktores Kirchner,
meine Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Einladung zu den Salzburg-Tübinger-Rhetoriktagen. Ich fühle mich geehrt, dass Sie – in diesen Zeiten – einen Bank-Mann nach Salzburg eingeladen haben.
In der Vorbereitung meines Vortrags habe ich mich mit dem Buch „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ des Philosophen Sir Karl Popper beschäftigt.
Wovon handelt das Buch?
Sir Karl Popper beschreibt darin, dass alles Dogmatische der Feind der offenen Gesellschaft sei. Er bringt als Paradebeispiele u.a. den Nationalsozialismus und den Kommunismus, d.h. dogmatische Weltanschauungen, die nur ihre Wahrheit kennen und andere Systeme ablehnen.
Wodurch ist demnach eine offene Gesellschaft geprägt?
Sie ist geprägt durch eine Kultur, in der man atmen kann. Weiterhin gehören dazu rechtsstaatliches Denken, Pressefreiheit, freie Meinungsäußerung und Chancengleichheit.
In einer offenen Gesellschaft ist die Regulierung eher gering und die Minderheiten sind geschützt, egal ob es sich dabei um Migranten, Behinderte oder Kinder handelt.
Eine offene Kultur ist geprägt von Vielfalt. Die Offene Gesellschaft lehnt den Fremden nicht ab, sondern heißt ihn willkommen. Es gibt ja den klugen Satz von Karl Valentin: „Wir alle sind Fremde. Fast überall.“Andrerseits muss ich als Bayer konzedieren, dass bei uns in Bayern die Gästezimmer in den Pensionen nicht Gäste-, sondern Fremdenzimmer heißen!
Eine offene Gesellschaft ist geprägt von Menschenwürde, demokratischen Grundrechten und damit Freiheit. Dies alles muss laufend erkämpft werden.
Gefährdet wird die offene Gesellschaft durch bestimmte Personen und Mentalitäten, die wir auch in der Finanzkrise sahen: extremer Egoismus, Profitgier, kurzfristiges Denken, Verantwortungslosigkeit, Maßlosigkeit und Arroganz gehören dazu.
Ich zitiere Ihnen ein Beispiel aus dem Spiegel vor einiger Zeit: „Die Deutsche Bank hat 3,5 Milliarden Euro unter ihren Investmentbankern verteilt. Von der Sekretärin bis zum Derivate-Spezialisten bekam jeder im Durchschnitt 234.085,- Euro. Andrerseits verursachten die Investmentbanker der Deutschen Bank einen Verlust von 7,4 Milliarden Euro vor Steuern“.
In der gleichen Ausgabe wird Bundesinnenminister Schäuble mit dem Satz zitiert: „Solche Exzesse sind Ausdruck einer verlorenen Bodenhaftung und gefährden den Grundkonsens dieser Gesellschaft“.
Zurück zu unserem Thema: Warum ist eine offene Gesellschaft wichtig?
Nur in einer offenen Gesellschaft können sich unterschiedliche Talente entwickeln. Eine offene Gesellschaft ist eine notwendige Bedingung für Veränderung und Innovation.
Natürlich braucht auch jede Firma, jede Organisation etwas von einer offenen Gesellschaft, also eine Unternehmenskultur, in der man atmen kann. Eine Kultur der guten Argumente, wo Pro und Kontra diskutiert werden, eine Dialogkultur, eine konstruktive Streit- und Konfliktkultur. Nur in einer offenen Kultur wird es eine positive Entwicklung geben, und zwar so, dass sich die Firma weiterentwickelt.
Ich möchte Ihnen Beispiele aus der Stadtsparkasse München nennen: Eine Geschäftspolitik oder eine Geschäftsphilosophie kann unserer Ansicht nur dann erfolgreich sein, wenn sie allen Mitarbeitern und Führungskräften bekannt ist und von ihnen verstanden wird. Um dies zu erreichen, ist eine offene und regelmäßige Kommunikation notwendig. Denn nur so erzeugen wir bei den Einzelnen eine persönliche Betroffenheit und Verantwortlichkeit.
Vor gut sechs Jahren haben wir systematisch damit begonnen, den Informationsfluss so zu steuern, dass wichtige Entscheidungen zeitnah bei den Mitarbeitern sind.
Wir haben zum einen die sogenannte Info-Kaskade eingeführt. Sie funktioniert so: Am Dienstag Mittag, gleich nach der Vorstandssitzung, informiert der Vorstand seinen obersten Führungskreis über alle aktuellen Entscheidungen. Daran schließt sich ein gemeinsames Mittagessen an, bei dem Gelegenheit zu einem ausführlichen Dialog besteht – und diese Gelegenheit wird sehr gerne genutzt.
Die Führungskräfte sind dann verpflichtet, bis zum Ende der Woche alle Informationen wiederum an ihre Führungskräfte und schließlich an alle Mitarbeiter weiterzugeben.
Bei ganz aktuellen Informationen schreibt der Gesamtvorstand unter seinem Namen eine E-Mail an alle und bietet an, dass man ihn bei Nachfragen persönlich ansprechen kann.
Diese offene Kommunikationspolitik zieht sich auch durch andere Bereiche. Egal, ob es um unsere Eigentümer, unsere Verbundpartner oder die Aufsichtsorgane geht – mir persönlich ist es ein großes Anliegen, dass alle wichtigen Partner zeitnah und möglichst umfassend von Entwicklungen innerhalb unserer Sparkasse erfahren und wir sie damit in unsere Entscheidungen einbinden. Auch zu den Medien pflegen wir ein offenes und von Vertrauen geprägtes Verhältnis.
Das gleiche gilt natürlich für unsere Kunden und Geschäftspartner. Für sie haben wir sogar eine eigene Veranstaltungsreihe eingerichtet. Sie heißt „Die Stadtsparkasse im Dialog“. Wir laden dazu interessante Persönlichkeiten zu Gesprächen in unseren Weinkeller ein.
Ganz wichtig: Wir wollen diese Dialog-Kultur auch unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vermitteln. Dazu bieten wir regelmäßig Seminare in unseren Räumen zum Thema „Ethik des Führens“ oder „Umgang mit Emotionen“ an. Die Reaktionen darauf sind uneingeschränkt positiv.
Zu unseren ständigen Referenten gehören vor allem Herr Dr. Baldur Kirchner, der Mitgestalter dieser Rhetorikgespräche, und der Münchner Sozial¬psychologe Prof. Dieter Frey.
Bei Herrn Dr. Kirchner habe ich übrigens drei Bedingungen gelernt, die für eine gute Gesprächsführung wichtig sind:
- Wir müssen als Erstes den Gesprächspartner akzeptieren..
- Wir müssen ihm zuhören und sein Anliegen verstehen wollen
- und wir müssen glaubwürdig sein in dem, was wir sagen.
