Metapher

Metaphern, oder sprachliche Bilder, sind die Gewürze in der Küche des Rhetorikers. Mit dieser Metapher aus dem in RhetOn 1/2006 rezensierten Buch „Rede-Diät“ von Lackner & Triebe ist schon viel über Metaphern gesagt. Indem lebhafte Assoziationen wach gerufen werden, wird Interesse geweckt und das Gesagte prägt sich gut beim Publikum ein. Die rechte Hirnhälfte wird aktiviert. Im günstigen Fall – so das aptum von der Rednerin oder vom Texter richtig gewählt worden ist – knüpft ein sprachliches Bild an die Erlebniswelt des Publikums an und schafft sogar so etwas wie eine Identifikationsmöglichkeit. Wie in der Küche auch besteht jedoch das Risiko, am Geschmack des Zielpublikums vorbei zu schreiben. Dann ist nicht nur die Wirkung verschenkt, sondern es kann sogar zu Langeweile, Ablehnung oder unfreiwilliger Komik kommen.

Eine sichere Bank sind Metaphern, die sich auf die Welt des Sportes beziehen. Jede/r versteht sie – bisweilen sind sie schon so abgegriffen, dass sie auch von Menschen verstanden werden, die überhaupt nur die übertragene Bedeutung einer Metapher kennen. Elfmeter? Das, wovor der Tormann Angst hat … Eine Seilschaft? Eine Truppe aufstiegsorientierter meist männlicher Menschen – gerne auch ganz ohne Prusik-Knoten und Alpenglühen …

Folgende zwei Beispiele stammen aus der Kolumne „Quasthoff hört“ in „Die Zeit“ vom 24. August 2006:

„Auf Kanal 1 rhabarberte sich die gehäutete Zwiebel Grass durch seine Schutzstaffel-Vergangenheit.“

Lassen wir den Neologismus „rhabarberte“ einmal beiseite, dann präsentiert sich der vielfach als Großschriftsteller titulierte Günter Grass mit einem Bild, das er selbst durch seine jüngst erschienene Autobiographie in die Welt gesetzt hat: als Zwiebel. Damit ist diese zitierte Metapher gleichzeitig eine Allusio, eine Anspielung, nämlich von Quasthoff auf den Text von Grass.

„Bis auf den Autor Seligmann, der kultiviert seine Argumente vortrug, gockelte sich die Runde souverän am Thema vorbei (…).“

Hier ist der Neologismus „gockelte“ auch gleich die Metapher – vor unserem Auge ersteht ein Hühnerhof, ja: Sie wissen schon, die unsterbliche Quelle für das Bild von der „Hackordnung“ – und die darin anwesenden Hühnermänner betreiben das alte Spiel von „Wer ist der Lauteste/Bunteste/Geschwollenste im ganzen Hof respektive Land?“.

Nicht nur die Nutztierhaltung in Gestalt des Hühnerhofes, auch die Forstwirtschaft bietet sich als allgemein verständliche Bilderquelle an:

„Kritik am Mastenwald“

So titelten die Redakteure der Beilage „Aus Stadt und Land“ der „Salzburger Nachrichten“ am 21. März 2006. Aus dem anschließenden Artikel wurde deutlich: „In Kaprun stehen teilweise fünf Hochspannungsleitungen nebeneinander.“ Abgesehen davon, dass Leitungen wohl nur in den seltensten Fällen „stehen“ können, es sich somit um eine (freiwillige?) Metonymie handelt – Vertauschung von Teilen einer Sache, wobei zwischen diesen Teilen eine tatsächliche Beziehung besteht, hier zwischen den Leitungen und den Masten dieser Leitungen – dürfte das Bild vom Masten-„Wald“ für die meisten Leserinnen und Leser doch schon ziemlich abgenudelt sein. So sagt man in Österreich dialektal, irgendwie auch metaphorisch und etwas despektierlich für „abgenützt“.

Gerade abstrakte Sachverhalte fordern dazu heraus, sie durch Metaphorik anschaulich werden zu lassen. Ein weites Feld für Poesie hat sich hier der Wirtschaftsjournalismus erschlossen. Stellvertretend ein Beispiel:

„s Bausparkasse spürt leichten Aufwind“

So lautete eine Titelzeile auf der Wirtschaftsseite der Salzburger Nachrichten am 21. März 2006. Der Aufwind ist ein Phänomen, das für die Segelfliegerei – den Modesport der wirtschaftlich Erfolgreichen in den 1960er Jahren – und in jüngerer Zeit für die Fliegerei mit Hängegleitern (vulgo „Drachen“) und Paragleitern (vulgo „Fetzenflieger“) von entscheidender Bedeutung ist. Aus der Domäne kerniger Männersportarten hat sich dieses Bild inzwischen herausbewegt. Frau kennt es – und wenn es auch nur aus dem Wirtschaftsjournalismus ist …

Einen einzigen Satz, in dem sich gleich zwei Metaphern befinden, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:

„(…) bei entsprechend stabilen Schneeverhältnissen und wenn sich der Wind nicht als Spielverderber aufführt ist diese Hölle in den Lungauer Bergen geradezu himmlisch.“

Ein „Spielverderber“, der „sich aufführt“: mit Kindergarten-Sprache wird man sicher verstanden, wenn man in „Aus Stadt und Land“ der „Salzburger Nachrichten“ vom 21. März 2006 schreibt, in diesem Fall über Schitouren. Die zweite Metapher ist nicht etwa „Hölle“ – so heißt nämlich das beschriebene Tourenziel – sondern „himmlisch“. Auch dieses Prädikat hat sich aus der Sprache der Kirchenmänner (sorry, es sind schon wieder Männer!) hinaus in den allgemeinen Sprachschatz begeben. Es ist reichlich abgegriffen, jedoch im Zusammenhang mit dem kuriosen Ortsnamen „Hölle“ gewinnt es ein wenig Originalität zurück.

Kurz vor der Sperrstunde für diesen ausufernden Lexikonartikel sei noch ein unerschöpflicher Bildspenderbereich genannt: der Krieg und das Militär. Das Institut für Germanistik an der Universität Graz hat solche Ausdrücke gesammelt und bisher über 400 Stück identifiziert – von historischen wie „Zielscheibe“, „Werbetrommel“ oder „Spießrutenlauf“ bis zu modernen, etwa dem unsäglichen „Kollateralschaden“. Ein junges Beispiel für eine alte Metapher findet sich in einer Glosse auf der Österreich-Seite der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 16. März 2006:

„Die Dicke Berta der Boulevardmedien steht verständlicherweise immer unter strenger Beobachtung. Wo sie reinwummert, wächst kein Gras mehr, was sie hochschießt, entfaltet bald ungeheure Wirkung.“

Wer da wohl gemeint ist? Es ist die „Kronen Zeitung“, Österreichs Pendant zur deutschen „Bild“-Zeitung. In der Glosse wird die Meinung vertreten, die Breitenwirkung dieses Mediums werde mittlerweile überschätzt. So schließt der Autor (die Autorin?) „JK“ mit einer Anspielung auf ein sprachliches Bild, welches aus der ebenfalls diesbezüglich reichlichst strapazierten Bibel stammt:

„Der Boulevardriese steht längst auf tönernen Füßen (…).“

Zugegeben, auf diese Herkunfg des Bildes bin ich auch nur durch Büchmanns „Geflügelte Worte“ draufgekommen.

So, jetzt ist wirklich Sperrstunde.

dgj